Mehr Schein als sein: Indigene Rechte in Brasilien

Demonstrierender Apiaká vor einer Polizeiblockade in Rio de Janeiro. Immer mehr Indigene in Brasilien fordern Selbstbestimmung und konstitutionelle Gleichberechtigung. Doch der FUNAI, die die indigenen Völker Brasiliens vertritt, passt das nicht. Foto: Brent Millikan/International Rivers via Flickr

Anlässlich der Olympischen Spiele versucht Brasilien, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Der Staat möchte gern als ein Land wahrgenommen werden, das indigene Rechte groß schreibt. Doch die Demokratie bröckelt, Korruption hat das Land praktisch lahmgelegt und um Menschenrechte ist es schlimmer bestellt als zuvor. Die indigene Bevölkerung leidet darunter besonders.

Diskriminierung von Indigenen

Von den ungefähr 305 indigene Völkern leben ca. 90 in freiwilliger Isolation. Die meisten indigenen Völker haben weniger als 1000 Mitglieder. Auch deswegen werden sie in der Gesellschaft Brasiliens kaum wahrgenommen. Als favelados (Slumbewohner) beschimpft und als „arbeitslose Taugenichtse“ angesehen, werden sie oft von anderen Brasilianern verachtet. Viele Gemeinschaften, sind völlig verarmt und abhängig von Sozialleistungen des Staates. Für sie heißt es: ohne Land kein Leben. Im Bundesstaat Mato Grosso do Sul machen den Guarani-Kaiowa vor allem große Agrobusiness- Konzerne den Boden streitig, die Soja und Zuckerrohr in riesigen Monokulturen anbauen. Das die Guarani seit Jahrhunderten auf diesem Land leben, ist ihnen völlig egal. Leider gewinnt besonders diese Agrarlobby immer mehr Einfluss im Parlament.

Die Referentin für indigene Völker der Gesellschaft für bedrohte Völker, Yvonne Bangert, beschreibt in diesem Beitrag die Situation und Arbeit von indigenen Menschenrechtlern in Brasilien. Tipp: Sie können sich den Beitrag auch herunterladen und später offline anhören.

Politische Krisenzeiten

Nach der vorübergehenden Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff wurde der konservative Michel Temer Übergangspräsident. Er gilt als Vertreter der Eliten, die zuallererst eine Stärkung der Wirtschaft interessiert, d.h. vor allem der Export von Sojabohnen, Zuckerrohr und Produkten der Viehzucht. Um diese Güter zu produzieren braucht es jedoch große Flächen - Indigene sollen wieder einmal weichen. So hat Temer bereits angekündigt, dass Naturschutzgebiete und Gebiete der Indigenen auf den Prüfstand kommen sollen.

Gefahr durch neue Gesetze

Schon unter Dilma Rousseff wurde die umstrittene Verfassungsreform PEC 215 vorangetrieben. Sie soll die Entscheidungsbefugnis für die Demarkierungen von indigenen Territorien auf das Parlament übertragen. Dort jedoch ist die Lobby der Großgrundbesitzer, die das Land lieber wirtschaftlich erschließen stark. Auch die Veränderung von bereits ausgewiesenen indigenen Schutzgebieten wäre dann möglich. Indigene im ganzen Land protestieren dagegen. Sie organisierten Demonstrationen und besetzten im Oktober 2015 den Kongress in Brasilia. Weiterhin soll ein neues Bergbau-Gesetz die industrielle Erschließung von indigenen Schutzgebieten ermöglichen, was zurzeit verboten ist. Im Mai dieses Jahres (2016) wurde im Senat über eine weitere Gesetzesänderung abgestimmt: PEC 65 soll die Ausführung von Großprojekten erleichtern. Demnach wird statt eines drei Stufen- Plans zur Überprüfung der Umweltverträglichkeit nur noch eine Umweltstudie erforderlich sein, die auch vom künftigen Bauträger selbst, durchgeführt werden kann. Der Industrialisierung des Amazonas und anderer nicht erschlossener Regionen Brasiliens stünde nichts mehr im Wege. Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen werden durch diese Gesetzesänderungen legalisiert. Um diese Entwicklung zu stoppen, muss die internationale Gemeinschaft Druck auf die brasilianische Regierung ausüben.

25 Jahre (Miss-)Erfolg? 2013 diskutierten 70 Anführer von indigenen Völkern sowie die Kommission für Menschenrechte und partizipative Gesetzgebung (Comissão de Direitos Humanos e Legislação Participativa/CDH) über den Stand der Durchsetzung indigener Rechte. Sie wurden erstmals 1988 in der brasilianischen Verfassung verankert. Foto: Pedro França/Agência Senado

Bitte unterschreiben Sie unsere Petition an die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Bärbel Kofler, damit sie die brasilianische Regierung auffordert, den Amazonasregenwald und die Gebiete der indigenen Völker konsequent zu schützen!

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