In größter Not: Verfolgte Rohingya brauchen uns

Vertriebene Rohingya auf der Flucht. Foto: Paula Bronstein via UNHCR

Es ist ein „humanitärer und menschenrechtlicher Albtraum“. So beschreiben die Vereinten Nationen die brutale Vertreibung der muslimischen Rohingya aus Burma. Helfer warnen vor einer Katastrophe biblischen Ausmaßes, denn niemals zuvor mussten in diesem Jahrhundert so viele Menschen in so kurzer Zeit Hals über Kopf fliehen: Zwischen Ende August und Mitte Oktober 2017 erreichten fast 600.000 verängstigte Rohingya-Flüchtlinge das benachbarte Bangladesch. Viele waren total entkräftet und traumatisiert, hatten entsetzliche Gräueltaten  an hilflosen Zivilisten, an Familienangehörigen und Nachbarn mitansehen müssen. Auf tagelangen Fußmärschen hatten sich die Überlebenden nur von Wurzeln oder Wildpflanzen ernährt. Andere hatten riskiert, in völlig überfüllten Booten den breiten Grenzfluss zu überqueren.

Bangladesch wollte diesen verzweifelten Menschen nicht helfen und machte die Grenze dicht. Zehntausende drängten sich vor dem Zaun oder mussten am Ufer ausharren, bis sie schließlich doch in Bangladesch in 23 großen Lagern untergebracht wurden. Die Umstände dort sind unsäglich: Es fehlt an frischem Trinkwasser, Nahrungsmitteln, Medikamenten und sanitären Einrichtungen. Bangladesch rechnet damit, dass noch viel mehr Rohingya fliehen müssen. Im Grenzgebiet soll ein riesiges Camp für bis zu 900.000 Flüchtlinge entstehen, auch wenn sich dort Krankheiten rasend schnell ausbreiten und tausende Menschenleben fordern können. Doch dahinter steckt Kalkül: Bangladesch will die Rohingya schnellstens wieder loswerden. Verzweiflung und Verbitterung unter den Flüchtlingen wachsen.

Wir müssen alles in unseren Kräften Stehende tun, um den Rohingya zu helfen! Bitte setzen Sie sich mit uns dafür ein, dass die internationale Staatengemeinschaft Druck auf die burmesische Regierung ausübt. Appellieren Sie mit uns an Bundeskanzlerin Merkel!

In Burma diskriminiert, verfolgt, vertrieben

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Der Dalai Lama appellierte an Burmas Buddhisten, dem Beispiel Buddhas zu folgen und der bedrängten muslimischen Minderheit zu helfen. Foto: Jan Michael Ihl via Flickr

Die 1,1 Millionen Rohingya haben in Burma lange Zeit unter erniedrigenden Schikanen gelitten. Willkür und Rechtlosigkeit prägen ihr Leben bis heute. Sie haben keine Bürgerrechte, obwohl diese muslimische Minderheit dort seit Jahrhunderten ansässig ist. Den Rohingya wird die Staatsangehörigkeit verweigert, sie dürfen ohne behördliche Genehmigung weder heiraten noch Kinder in die Welt setzen noch ihre Dörfer verlassen. Nach jahrzehntelanger quälender Unterdrückung unter der Militärregierung und enttäuscht von der Fortsetzung dieser menschenverachtenden Politik durch die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi wehrten sich Rohingya im Oktober 2016 schließlich mit Waffengewalt gegen gewaltsame Übergriffe der Armee. Das lieferte den Militärs den Grund für ihre groß angelegte Vertreibungskampagne. Jetzt werden Rohingya-Dörfer angegriffen, die wehrlosen Bewohner sofort oder auf der Flucht erschossen. Augenzeugen berichten, wie Männer und Jungen auf den Dorfplatz getrieben und vor den Augen ihrer Angehörigen hingerichtet wurden. Frauen wurden vergewaltigt. Mindestens 288 Dörfer wurden bisher von der Armee niedergebrannt. Aber auch aufgehetzte Buddhisten attackieren Rohingya-Siedlungen.

Burmas Militär nutzt den Konflikt, um Aung San Suu Kyi Grenzen aufzuzeigen. Sie wollte die Demokratisierung des Landes vorantreiben. Doch mit dem Rohingya-Konflikt muss sie erkennen, dass sie über die Armee keine Macht hat. So verblasst auch international der Glanz der Friedensikone. Niemand versteht ihr langes Schweigen und ihre irreführenden Aussagen über die schweren Menschenrechtsverletzungen der Armee an der muslimischen Minderheit. Schon werden erste Rufe laut, Aung San Suu Kyi solle ihren Friedensnobelpreis zurückgeben.

In Bangladesch nicht willkommen

Das mehrheitlich muslimische Bangladesch wollte die Rohingya nicht freiwillig aufnehmen. Schon seit Jahren werden Angehörige dieser Minderheit aus Burma, die im Nachbarland auf ein erträglicheres Leben hofften, zurückgewiesen. Trotz der großen Not der vielen Flüchtlinge im Herbst 2017 haben Bangladeschs Behörden die Bemühungen internationaler Hilfswerke anfangs ganz bewusst blockiert. So sollten die Flüchtlinge wieder aus dem Land getrieben werden. Erst nach internationalen Protesten, an denen sich auch die GfbV beteiligte, dürfen 30 Hilfsorganisationen die Notleidenden jetzt unterstützen. Die geplante Zusammenführung aller Flüchtlinge in einem einzigen Mega-Lager treibt mit dem Leben der Rohingya jedoch ein unmenschliches Pokerspiel.

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Es herrschen elende Zustände für die Rohingya in den Flüchtlingscamps. Foto Steve Gunmaer via Flickr

Schon jetzt droht vor allem den mehreren tausend unbegleiteten Kindern unter den Flüchtlingen Gefahr durch Menschenhändler. Niemand beschützt diese Kinder. Sie wurden von ihren Eltern getrennt oder Vater und Mutter sind zu Tode gekommen. Seit Ausbruch der Gewalt gegen Rohingya im Jahr 2012 wurden mehrere Zehntausend Rohingya als Arbeitssklaven auf Plantagen in Südostasien verkauft.

Besondere Unterstützung bräuchten auch die schwangeren oder stillenden Frauen in den Flüchtlingscamps. Ihre Zahl wird auf rund 50.000 geschätzt. Roshida ist eine von ihnen. Hochschwanger überstand sie die Flucht. In Bangladesch angekommen brachte sie ganz allein einen Sohn zur Welt. Es gab keine Hebamme, keinen Arzt, der ihr beistand. Das Kind überlebte. Doch kann sie es ausreichend stillen? Roshida leidet selbst Hunger wie die vielen anderen Flüchtlinge. Sie hat große Angst, dass ihr Baby sterben wird, weil nicht genug humanitäre Hilfe verteilt wird. So wie ihr geht es vielen geflohenen jungen Müttern. Sie brauchen dringend Unterstützung!

Foto: J.M Ferré via UNHCR
UN-Generalsekretär Antonio Guterres bezeichnet die Rohingya-Krise als „humanitären und menschenrechtlichen Albtraum“. Foto: J.M Ferré via UNHCR
Foto: Mazur via catholicnews.org.uk
Papst Franziskus rief mehrfach zu einem Ende der Verfolgung der Rohingya auf. Foto: Mazur via catholicnews.org.uk

Deutschland und Europa unentschlossen

„Die Rohingya-Krise zählt zu dem Schlimmsten, was ich je in meinem Leben gesehen habe“, sagte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge Filipo Grandi. Doch Deutschlands Umgang mit dieser von Menschen gemachten Katastrophe ist kläglich und beschämend. Wir hatten schon früh davor gewarnt, zu sehr darauf zu vertrauen, dass Aung San Suu Kyi sich für Menschenrechte der Rohingya einsetzt. Als sich immer mehr herausstellte, dass sie passiv bleiben würde, riefen wir den SPD-Parteivorstand im Juni 2016 dazu auf, denWilly-Brandt-Preis zurückzuverlangen, den die SPD der Friedensnobelpreisträgerin verliehen hatte. Vergeblich.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr Volker Wieker empfing noch im April 2017 den Oberbefehlshaber der Streitkräfte Burmas mit militärischen Ehren in Berlin. Schon damals galt General Min Aung Hlaing als Hauptverantwortlicher für eine Welle der Repression gegen Rohingya-Zivilisten. Trotzdem wollte die Bundesregierung mit Burmas machtvoller Armee ins Gespräch kommen, um für mehr Demokratisierung zu werben. Das traurige Schicksal der Rohingya wurde ausgeblendet – ein tragischer Fehler. Darüber hinaus wurde dem Drängen von Aung San Suu Kyi nachgegeben. Weder die deutsche Bundesregierung noch Europas Außenministerin Federica Mogherini erwähnen die Rohingya in ihren öffentlichen Erklärungen. Denn Burmas Regierung hat den Rohingya nicht nur ihre Rechte, sondern auch ihren Namen genommen. Sie werden als „bengalische Migranten“ bezeichnet.

Das sind unsere Forderungen

Menschenrechte sind unteilbar. Auch Burmas muslimische Rohingya-Minderheit hat einen Anspruch auf respektvollen und menschenwürdigen Umgang. Deshalb müssen sich Deutschland und Europa endlich engagierter für ein Ende der Gewalt gegen Rohingya in Burma einsetzen. Die Armee dort darf keinen Freibrief bekommen für die Vertreibung der Rohingya- Zivilisten. Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen weder verschwiegen noch kleingeredet werden und die Verantwortlichen für diese schweren Menschenrechtsverletzungen müssen zur Rechenschaft gezogen werden! Burmas Regierung muss klar gemacht werden, dass es ohne Menschenrechte für Rohingya auch keine Demokratisierung und Annäherung an westliche Staaten geben wird. Außerdem müssen gezielte Sanktionen gegen Burmas Armeechefs verhängt werden. Denn ihre schweren Verbrechen dürfen sich nicht auszahlen. Die Regierung von Bangladesch muss die traumatisierten Flüchtlinge menschenwürdig unterbringen und versorgen lassen. Bei der großen Anzahl der Schutzbedürftigen braucht das Land aber auch die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft.

Unsere Mahnwache „Menschenrechte für Rohingya“ im September 2017 vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Foto: GfbV

Das tun wir für die Rohingya

Seit Jahrzehnten setzt sich die GfbV für die Rohingya ein. Als in den vergangenen Wochen die Krise erneut eskalierte, haben wir in vielen Interviews in Fernsehen, Radio, sozialen Medien und Zeitungen die Hintergründe des Konflikts erklärt und von Deutschland sowie Europa eine klar an Menschenrechten orientierte Politik gegenüber Burma gefordert. Mit Menschenrechtsaktionen und Presseerklärungen machten wir auf die dramatische Lage der Minderheit aufmerksam. Wir engagieren uns für mehr Nothilfe und beobachten die Lage der Flüchtlinge in Bangladesch ganz genau. So konnten wir dazu beitragen, dass die Rohingya nicht - wie zunächst geplant - auf einer abgelegenen und menschenfeindlichen Insel im Golf von Bengalen konzentriert werden. In dringenden Appellen an den UN-Menschenrechtsrat, den UN-Hochkommissar für Menschenrechte und den UN-Generalsekretär fordertenwir mehr Einsatz für die Vertriebenen und mehr Engagement, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Armee Burmas zu stoppen. Wir erreichten, dass in den Medien oft darüber berichtet wurde und konnten so dazu beitragen, dass das Leiden der Vertriebenen nicht vergessen wird. Mit einem europäischen Netzwerk von Burma-Gruppen setzen wir uns in der Europäischen Union dafür ein, dass die EU konsequenter Menschenrechte für Rohingya einfordert.

Unterschreiben Sie unsere Petition und appellieren Sie an Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass die Verfolgung der Rohingya gestoppt wird!

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(BIC) BFSWDE33HAN

Herzlichen Dank!


Diese Kampagne wurde im Oktober 2017 lanciert.