Marokko lässt Menschenrechtler aus der Westsahara frei

 

15. April 2011

Ein Militärgericht in Casablanca hat drei sahaurische Menschenrechtsaktivisten, die sich für die Unabhängigkeit der Westsahara einsetzen, nach mehr als zwei Jahre aus dem Gefängnis entlassen. Ihnen wurde vorgeworfen, dass Sie Marokkos innere Sicherheit gefährden würden. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hatte sich kontinuierlich für ihre Freilassung eingesetzt. Ihr einziges Verbrechen ist es, sich öffentlich für die Einhaltung der Menschenrechte in der von Marokko völkerrechtswidrig besetzten Westsahara zu engagieren.

Aufgrund der wiederholten Verzögerung ihres Prozesses beschlossen Ali Salem Tamek, Ibrahim Dahhane and Ahmed Naciri deshalb am Montag, den 18. April 2011, auf einer Presskonferenz den Beginn eines Hungerstreiks als Protest gegen die Verschleppung ihres Verfahrens anzukündigen. Kurz vor ihrer Ankündigung wurden sie aus der Haft entlassen.

Hintergrundinformationen

Am 8. Oktober 2009 wurden die sechs sahaurischen Aktivisten auf dem Flughafen von Casablanca von marokkanischen Sicherheitskräften festgenommen, als sie von einem Besuch der Flüchtlingslager ihrer Landsleute in Südalgerien zurückkehrten. Vier Tage lang wurden sie mit verbundenen Augen an einem unbekannten Ort festgehalten, bevor ihre Angehörigen über die Festsetzung informiert wurden. Am 15. Oktober 2009 überwies ein Richter in Casablanca ihr Verfahren an ein Militärgericht. Es droht ihnen jahrelange Haft.

Nach einem 41-tägigen Hungerstreik wurde den sechs inhaftierten Aktivisten von der marokkanischen Regierung im Mai zugesichert, sie auf Kaution freizulassen. Drei von ihnen - Saleh Bouih, Rachid Sghir und Yahdih Terroussi– sind nun seit dem 18. Mai 2010 vorläufig frei. Dagegen müssen die Anderen weiter auf die Entscheidung eines Militärgerichts warten. Ihre ohnehin schlechte gesundheitliche Verfassung, hat sich durch den Hungerstreik massiv verschlechtert.

Unter den noch immer inhaftierten Aktivisten ist auch unser Partner Ali Salem Tamek, mit dem wir 2006 eine längere Tour durch das politische Berlin machten. Tamek gilt als einer der angesehensten Menschenrechtler und Vertreter des "friedlichen Widerstands" der Sahauris in der Westsahara. Er war erst Ende April 2006 aus marokkanischer Haft freigekommen. Insgesamt verbrachte der 35 Jahre alte ehemalige Verwaltungsangestellte wegen seines friedlichen Widerstands bereits fünf Jahre im Gefängnis.

Als Ali Salem Tamek im Januar 2007 auf Einladung der GfbV in Berlin Gespräche mit deutschen Bundestagabgeordneten, dem Außenministerium und politischen Stiftungen führte, wurde ihm versichert, dass alles getan werde, um auch nach seiner Rückkehr in die von Marokko besetzte Westsahara für seine Sicherheit zu sorgen. Jetzt ist er auf Ihre Hilfe angewiesen!

Die GfbV hat in Pressemitteilungen, Kampagnenblättern und auf ihrer Homepage wiederholt auf die Situation der im Gefängnis Salé inhaftierten sahaurischen Menschenrechtler aufmerksam gemacht und an sie erinnert. Zudem protestieren wir mit einem E-Mail-Appell gegen den Import von Wüstenstrom aus der besetzten Westsahara.

Die Westsahara ist seit 1975 trotz vieler UN-Resolutionen noch immer zu 80 Prozent völkerrechtswidrig von Marokko besetzt. Seitdem sind mehr als 500 Sahauris "verschwunden". Mindestens 32 Sahauris sind derzeit aus politischen Gründen in Marokkos Gefängnissen inhaftiert. Etwa 165.000 ursprüngliche Bewohner der Westsahara leben heute im südalgerischen Tindouf im Exil.


Foto: salem Tarek/ flickr