
Foto: picture alliance/AP Photo | Lefteris Pitarakis
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Wie sehr haben viele Menschen in Afghanistan darum gerungen, dass das auch für sie gilt. Sie haben alles riskiert für Frieden und Freiheit. Und wie sehr wurden sie enttäuscht. Wie sehr wünschen sich auch Kurden, Yeziden, Aleviten und Christen im Machtbereich der Türkei Achtung und Schutz ihrer Menschenwürde.
Doch hier wie dort setzen sich radikale Islamisten durch: Schon hat der türkische Präsident Erdogan den Taliban versichert, er werde die neue Regierung in Afghanistan unterstützen. Gleichzeitig ließ er in Sinjar, der Heimat der Yeziden im Irak, ein Krankenhaus bombardieren. Aus dem Kurdengebiet Afrin oder dem assyrischen Tel Tamer in Nordsyrien sind Zehntausende geflohen - vor der Herrschaft der Islamisten, die mit der Türkei verbündet sind. In der Türkei selbst sitzen Zehntausende im Gefängnis - Kurden, Journalisten, Juristen, Lehrkräfte u.a. Selbst bei uns ist der Hass schon zu spüren, den Erdogan gegen Kurden und religiöse Minderheiten oder Oppositionelle schürt. Hier kursieren Todeslisten, Betroffene stehen unter Polizeischutz.
Diese Entwicklung ist bedrohlich! Deutschland und Europa dürfen nicht tatenlos hinnehmen, dass ihr Natopartner Türkei radikalen Islamisten den Weg ebnet.
Menschenrechtler ermutigen!
Seit fast fünf Jahren sitzt Selahattin Demirtas im Gefängnis. Seine beiden Kinder vermissen ihren Vater sehr. Ihm drohen bis zu 142 Jahre Haft wegen „Terrorpropaganda“. Dabei ist Demirtas als Politiker und Menschenrechtsanwalt ein Mann des Ausgleichs und der Mäßigung. Trauer und Wut seiner kurdischen Landsleute über Repressionen der türkischen Regierung versuchte er immer zu beschwichtigen. Er kämpft gewaltlos für das gleichberechtigte Miteinander aller Volksgruppen und Religionsgemeinschaften in seinem Land, der Türkei.
Der europäische Menschengerichtshof hat die Türkei scharf für die Inhaftierung von Demirtas kritisiert und seine sofortige Freilassung verlangt. Demirtas war von 2014 bis 2018 Chef der kurdischen Partei HDP und ist der türkischen Regierung ein Dorn im Auge: Er fordert nicht nur unerschrocken immer wieder Menschenrechte ein, sondern verlangt auch, dass sein Land den Völkermord des Osmanischen Reiches an den christlichen Armeniern und Aramäern/Chaldäern/Assyrern 1915 sowie die Verbrechen an den Pontosgriechen anerkennt. Wir haben der Stadt Weimar vorgeschlagen, für Demirtas ein Zeichen zu setzen und ihn 2021 für seinen beispiellosen Einsatz auszuzeichnen. Tatsächlich erhält er in diesem Jahr den Weimarer Menschenrechtspreis. Das ist eine großartige Ermutigung für den inhaftierten Menschenrechtler. Danke, Weimar!
Aufklärung über Todeslisten verlangen!
In Deutschland lebende Kritikerinnen und Kritiker der türkischen Regierungspolitik haben uns berichtet, dass hier bei uns Todeslisten kursieren. Die Namen von bis zu 55 Oppositionellen aus der Türkei im deutschen Exil sollen darauf verzeichnet sein, auch der Journalist Erk Acarer. Er wurde vor kurzem in seiner Wohnung in Neukölln überfallen und zusammengeschlagen. Die Bundesregierung hat zwar bestätigt, dass es diese Listen gibt, Erdogan dafür aber nicht öffentlich kritisiert. Zögern deutsche Politikerinnen und Politiker, Erdogan wegen dieser Verbrechen anzusprechen? Es scheint so, als wachse auch unter ihnen die Angst vor radikalen Islamisten und türkischen Nationalisten.
Hetze Einhalt gebieten!
Es ist offensichtlich: Erdogan will keine friedliche Lösung der Kurdenfrage. Er löst die Demokratie auf, lehnt Glaubensfreiheit und Gleichberechtigung aller Völker in der Türkei ab. Doch es ist allerhöchste Zeit für die westlichen Demokratien, von ihm zu verlangen, seine Hetze gegen Andersdenkende und Andersgläubige einzustellen! Schon jetzt hat seine unverantwortliche Politik schreckliche Folgen, wenn sich Menschen aufgerufen fühlen, gegen Kurden vorzugehen. So wurde sieben Mitglieder der Familie Dedeo?lu in ihrem Haus nahe der Stadt Konya in Zentralanatolien ermordet. Es gibt ein Video von dem Angriff. Einer der Täter schreit dabei hasserfüllt: „Wir dulden hier keine Kurden!“
Auch vor Frauenrechten macht Erdogan nicht Halt. So hat er entschieden, dass die Türkei Anfang Juli 2021 die Istanbuler Konvention verlässt, ein wichtiges internationales Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Das Übereinkommen bedrohe die traditionelle türkische Familie, hieß es zur Begründung. Doch leider sprechen traurige Fakten für sich: In den vergangenen vier Jahren ist die Zahl der Morde an Frauen in der Türkei um mehr als 50 Prozent gestiegen.
Völkerrechtswidrigen Einmarsch nicht hinnehmen!
Außenpolitisch steht Erdogan für Angriffskriege und die Entsendung von „Gotteskriegern“ nach Syrien, Nordafrika, Afghanistan und in den Kaukasus. Aus Nordsyrien haben seine Armee und mit ihr verbündete islamistische Milizen 1,5 Millionen Menschen vertrieben. Dort lebten bis zur Invasion der türkischen Armee verschiedene Religionen und Völker friedlich zusammen. Heute ist die Region Afrin im Nordwesten Syriens nahezu kurdenfrei. Die türkische Besatzungsmacht und die Islamisten begehen täglich Menschenrechtsverletzungen an den wenigen, die in ihrer Heimat geblieben sind.
Darüber hinaus haben die türkischen Invasoren bereits Neusiedler nach Afrin gebracht, vor allem sunnitisch-arabische Familien. Die seit Jahrtausenden in der Region kultivierten Olivenbäume, die für die kurdische Bevölkerung einen besonderen Platz in ihrer Kultur einnehmen, wurden zum größten Teil gefällt. Doch die Besetzung von Gebieten in Nachbarstaaten sind völkerrechtswidrig. Die Vertreibung der einheimischen Bevölkerung ist ein Verbrechen. Mit der Türkei verbundene Länder wie die NATO-Staaten dürfen es nicht hinnehmen, dass sich eines ihrer Mitglieder über international gültige Vereinbarungen hinwegsetzt!
Das macht die GfbV
Bitte unterstützen Sie unseren Appell an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sich für die Freilassung des kurdischen politischen Gefangenen Selahattin Demirtas einzusetzen, und bestellen Sie unsere Aktions-Postkarte kostenlos in unserem Online-Shop und schicken Sie die Postkarte ab.
Diese Kampagne wurde im September 2021 lanciert.
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