Namibia

Charakteristisch für das Deadvlei in der Namibwüste: bis zu 900 Jahre alte abgestorbene Kameldornbäume. Vor 600 bis 700 Jahren trocknete das Gebiet schlagartig aus, sodass die Bäume nicht einmal verrotten konnten.

Foto: Sarah Neumeyer/GfbV, April 2025, Namibia. 

Die heutige Republik Namibia war von 1884 bis 1915 die Siedlerkolonie Deutsch-Südwestafrika. In ihrem Streben nach Territorium enteignete die deutsche Kolonialmacht das Land der Ovaherero und Nama und beschlagnahmte unrechtmäßig Vieh. Die betroffenen Gemeinschaften leisteten immer wieder Widerstand gegen die Willkür und die Unterdrückung durch die deutschen Kolonialherren. Als sich die Ovaherero und Nama militärisch gegen die Besatzer auflehnten, begann ein Vernichtungskrieg der deutschen Kolonialmacht, der im Völkermord endete.

 

Vernichtungsbefehl von Generalleutnant Lothar von Trotha

 

Die Ereignisse zwischen 1904 und 1908 werden heute als Genozid eingestuft, was vor allem auf die Vernichtungsbefehle von Generalleutnant Lothar von Trotha zurückzuführen ist. Am 2. Oktober 1904 erließ von Trotha einen Befehl zur Tötung aller Ovaherero und am 22. April 1905 rief von Trotha zur Vernichtung der Nama auf. Die Befehle führten zu massiven Verlusten unter den Ovaherero und Nama. Auch Damara und San wurden Opfer der Gewalt, obwohl sie nicht die Hauptziele der deutschen Truppen waren. Historiker*innen schätzen, dass 15.000 bis 20.000 Menschen in Konzentrationslager verschleppt wurden, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit leisten mussten. Bis 1908 verloren etwa 80.000 Ovaherero und 10.000 Nama ihr Leben, was etwa 80 bzw. 50 Prozent der jeweiligen Bevölkerungen entsprach.

 

Namibia: Der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts

 

Für die Nachfahren der Opfer und für Historiker*innen ist klar, dass es sich um den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts handelt. Einige betrachten diese Geschehnisse als Vorläufer des Holocausts. Das Leid der namibischen Bevölkerung war jedoch mit dem Ende der deutschen Kolonialzeit nicht vorbei. Nach dem Ersten Weltkrieg kam Namibia unter südafrikanische Mandatsherrschaft. Die Apartheid wurde als ein System der staatlich kontrollierten Rassentrennung eingeführt. Mitte des 20. Jahrhunderts begannen Studierende und Arbeiter*innen, politische Gruppen zu bilden, darunter die South-West Africa People's Organisation (SWAPO), um für die Unabhängigkeit Namibias zu kämpfen. Als friedliche Methoden scheiterten, wandte sich die SWAPO in den späten 1960er Jahren Guerilla-Aktivitäten zu, denen sich südafrikanische Militäreinheiten entgegenstellten. Nach vielen blutigen Kämpfen und etlichen Massakern gelang es 1988, militärische und politische Zugeständnisse zu erringen, was 1989 zu Wahlen und schließlich zur Unabhängigkeit des Landes 1990 führte. Seitdem ist die SWAPO die Regierungspartei Namibias. 
 

Die Ovaherero und Nama kämpfen auch heute noch für ihre Rechte

 

Bis heute kämpfen die Nachfahren der Ovaherero und Nama um eine vollständige Anerkennung des Genozids, fordern Reparationszahlungen und die Rückgabe von Gebeinen und Kulturgütern. In Museen und Universitäten in mindestens acht deutschen Städten gibt es noch immer menschliche Knochen und Schädel aus Namibia.
 

  • Berlin: Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, Medizinhistorisches Museum der Charité
  • Bremen: Übersee-Museum
  • Dresden: Staatliche Ethnographische Sammlungen Sachsen im Verbund der Staatlichen Kunstsammlungen
  • Frankfurt: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum (Namibia/Botswana)
  • Göttingen: Blumenbachsche Schädelsammlung im Zentrum der Anatomie der Universitätsmedizin der Georg-August-Universität, Sammlung der Historischen Anthropologie der Georg-August-Universität
  • Jena: Universitätssammlungen der Friedrich-Schiller-Universität 
  • Karlsruhe: Staatliches Museum für Naturkunde 
  • Tübingen: Eberhard-Karls-Universität

Im Fokus: Grüner Kolonialismus auf Kosten der Nama

 

Im Süden Namibias leiden indigene Gemeinschaften bis heute unter (neo-)kolonialen Strukturen. Aktuell werden im Rahmen eines Wasserstoff-Projekts Entscheidungen, die unter anderem Nama-Gemeinschaften direkt betreffen, oft ohne ihre Mitbestimmung gefällt. Die Gruppe wird also weiterhin benachteiligt und marginalisiert. Wir arbeiten intensiv zur geplanten Förderung von Grünem Wasserstoff und seinen Auswirkungen auf die Nama im Süden Namibias. Hier geht es zu unserem Projekt.
 

 

Aktuelle Projekte und Arbeitsschwerpunkte

 

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Warum wird der Völkermord an den Herero und Nama auch heute von deutscher Seite nicht anerkannt? Wir erklären es in unserem Dossier zu den Hintergründen und zur aktuellen Debatte um die Anerkennung des Völkermords im heutigen Namibia:

Völkermord verjährt nicht!

 

Blogbeiträge

 

Pressearbeit


Autorin: Laura Mahler
Redaktion: Stefanie Grolig und Myriam Givens

Zuletzt bearbeitet im Mai 2025.