31.08.2016

Ägyptisches Parlament verabschiedet umstrittenes Gesetz zum Neubau von Kirchen

Einwände christlicher Kirchen wurden nicht ernst genommen (Pressemitteilung)

Einen Vorgeschmack auf die drohenden Probleme bot bereits die hitzige Parlamentsdebatte, in der Abgeordnete der ultrakonservativen Salafistischen Nour Partei vehement gegen das neue Gesetz protestierten. Foto: Tribes of the World/ Flickr

Nach der Verabschiedung eines umstrittenen Gesetzes zum Neubau von Kirchen durch das ägyptische Parlament hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) bedauert, dass die Einwände christlicher Kirchen von Parlamentariern und Regierung nicht ernst genommen wurden. „Natürlich ist es positiv, dass Ägypten nach Jahrzehnten der Auseinandersetzung endlich den Neubau von Kirchen liberalisiert und erleichtert. Doch leider gibt es erneut einschränkende Bestimmungen, die die Ausübung der Religionsfreiheit für die christliche Minderheit in dem überwiegend muslimischen Land einschränken“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. Nach hitziger vierstündiger Debatte hatte das Parlament Ägyptens am Dienstag das lange erwartete Gesetz mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedet.

Die auch in der Parlamentsdebatte von koptischen Abgeordneten vorgebrachte Kritik bezieht sich vor allem auf Artikel 2 des 13 Artikel umfassenden Gesetzes. Er schreibt vor, dass sich die Größe einer neuen Kirche proportional am Anteil der christlichen Bevölkerung in dem Stadtviertel oder dem Dorf orientieren muss. „Diese Bestimmung wird radikalen Islamisten erneut die Möglichkeit bieten, mit Eingaben und massivem öffentlichen Druck den Neubau von Kirchen zu verzögern oder zu verhindern“, warnte Delius. Denn es gibt keine offiziellen Melderegister in ägyptischen Gemeinden und somit auch keinen allseits anerkannten und verifizierten Überblick über deren Bevölkerungsstruktur. Die koptische Abgeordnete Nadia Henry bezeichnete das Gesetz als „politische Farce“, das den Christen von Staatspräsident Abdel Fattah Al-Sisi auferlegt worden sei. 

Einen Vorgeschmack auf die drohenden Probleme bot bereits die hitzige Parlamentsdebatte, in der Abgeordnete der ultrakonservativen Salafistischen Nour Partei vehement gegen das neue Gesetz protestierten. „Die Salafisten werden auch in Zukunft verstehen, wie sie den Mob der Straße für ihre Zwecke instrumentalisieren, um den dringend notwendigen Bau zusätzlicher Kirchen zu verhindern“, sagte Delius. „Mit einer klaren gesetzlichen Regelung hätte diesem Missbrauch Einhalt geboten werden können.“ Angesichts jahrelanger und oft nicht erfolgreicher Genehmigungsverfahren müssen viele Kirchengemeinden Gottesdienste in baufälligen Gebäuden oder im Freien abhalten. Beantragen sie Baugenehmigungen, kommt es regelmäßig zu öffentlichen Protesten, die von Salafisten organisiert und geschürt werden.    

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