07.03.2017

Äthiopien: Merkel soll sich für inhaftierten Oppositionsführer einsetzen

Oromo-Politiker drohen bis zu zehn Jahre Haft (Pressemitteilung)

Die Oromo wehren sich seit November 2015 mit öffentlichen Protesten gegen Landraub und die Einschränkung ihrer Menschenrechte. Foto: Rod Waddington via Flickr

 Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, sich bei der äthiopischen Regierung für die Freilassung des inhaftierten Oppositionspolitikers Merera Gudina einzusetzen. Merkel hatte Gudina bei ihrer umstrittenen Äthiopien-Reise im Oktober 2016 getroffen. Später war der Vorsitzende des Oromo Federalist Congress (OFC) nach Europa gereist und nach seiner Rückkehr aus Deutschland am 1. Dezember 2016 verhaftet worden. Gegen ihn wurde am vergangenen Freitag in Addis Abeba ein Gerichtsverfahren eröffnet, das am 9. März fortgesetzt wird. Er ist wegen Unterstützung von „Terrorismus“ angeklagt. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.

„Wir begrüßen es, wenn die Bundeskanzlerin auf Staatsbesuchen mit Vertretern der Zivilgesellschaft zusammentrifft. Wer diese engagierten Fürsprecher für mehr Demokratisierung wirklich stärken will, muss ihnen dann aber auch beistehen, wenn sie in Not sind“, sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. „Gudina ist eine bedeutende Stimme der verfolgten Oromo und der äthiopischen Zivilgesellschaft. Seine drohende Verurteilung zeigt, wie katastrophal die Menschenrechtslage in Äthiopien noch immer ist.“

Die GfbV rief auch die EU-Außenministerin Federica Mogherini dazu auf, sich für die Freilassung Gudinas zu engagieren. Denn dem Oppositionspolitiker wird von den Behörden vorgeworfen, bei einer Konferenz im Europaparlament mit äthiopischen Oppositionellen zusammengetroffen zu sein, die von Äthiopiens Regierung als vermeintliche „Terroristen“ angesehen werden. „Europa sollte ein großes Interesse daran haben, dass Merera Gudinas Stimme nicht verstummt“, erklärte Delius. „Er gilt als einer der engagiertesten Vertreter der unterdrückten Oromo, der größten Bevölkerungsgruppe des Landes, und als bedeutender Garant für mehr Demokratisierung.“

Gudina wird außerdem vorgehalten, die Bestimmungen des Ausnahmezustandes verletzt zu haben, der im Oktober 2016 in Äthiopien nach monatelangen Protesten der Oromo gegen Menschenrechtsverletzungen verhängt worden war. Die Staatsanwaltschaft erklärte, er habe die „soziale, wirtschaftliche und politische Ordnung unter Missbrauch einer Partei demontieren“ wollen. Der Angeklagte beteuerte vor Gericht seine Unschuld.

Die meisten Politiker des OFC wurden wegen ihrer Kritik an der Regierungspolitik bereits verhaftet. Gudina galt als eine der letzten freien und noch hörbaren Stimmen der Oromo, die sich seit November 2015 mit öffentlichen Protesten gegen Landraub und die Einschränkung ihrer Menschenrechte wehren. Seither wurden mehr als 50.000 Oromo verhaftet, 1.957 Menschen starben bei der Niederschlagung von Protesten.

Header Foto: Rod Waddington via Flickr