04.04.2011

Anhaltende Verhaftungen in Tibet - China nimmt Tibeter in Sippenhaft

Chinas Willkür trifft nicht nur Aktionskünstler Ai Weiwei

Anlässlich der Verhaftung des chinesischen Aktionskünstlers Ai Weiwei und mehr als zwei Dutzend weiterer Dissidenten weist die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) darauf hin, dass Chinas Sicherheitskräfte auch nicht vor Sippenhaft zurückschrecken, um Regimekritiker festzusetzen. Die Menschenrechtsorganisation berichtete am Montag in Göttingen, in tibetischen Siedlungsgebieten der Provinz Sichuan wurden im März 2011 drei Tibeter nur deswegen festgenommen, weil ihre Familienangehörigen wegen der Teilnahme an Demonstrationen polizeilich gesucht werden.

"Die willkürliche Verhaftung von unschuldigen Familienangehörigen zeigt, dass China noch Lichtjahre von einem Rechtsstaat entfernt ist", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Deutschland führt seit mehr als zehn Jahren einen Rechtsstaatsdialog mit China, doch letztlich geht im Umgang mit Regimekritikern noch immer Partei- und Staatsräson vor."

Die Polizei sucht fieberhaft nach den drei jungen Tibetern Lobsang Thubten (30), Tsering Kyipo (25) und Jampa Ngodrup (33). Sie hatten am 6. März 2011 in der Stadt Dzakhog Spruchbänder entrollt, auf denen sie Freiheit für Tibet und eine freie Einreise des im Exil in Indien lebenden Dalai Lama gefordert hatten. Bei Razzien wurden alle Häuser in der Stadt durchsucht. Schließlich wurden der Bruder von Jampa Ngodrup, die Mutter von Lobsang Thubten und den Vater von Tsering Kyipo verhaftet. Ihren Familien wurde mitgeteilt, sie würden erst freigelassen, wenn sich die Gesuchten der Polizei stellten. Außerdem müssen die Familien jeweils eine Geldstrafe von 2.140 Euro zahlen, eine hohe Strafe in der verarmten tibetischen Region.

In den tibetischen Siedlungsgebieten in der ansonsten chinesisch geprägten Provinz Sichuan werden jede Woche Tibeter aus politischen Gründen festgenommen. So wurden am 10. März zwei junge Männer in der Stadt Bathang verhaftet, nachdem sie in der Öffentlichkeit gerufen hatten: "Lang lebe der Dalai Lama!"

Am 23. März protestierten mehrere hundert Tibeter in dem Ort Nahdah gegen die chinesische Herrschaft. Mindestens acht Demonstranten wurden festgenommen. Ihnen drohen jahrelange Haftstrafen.

Im Kloster Kirti wurde am 25. März der 21 Jahre alte Mönch Tenzin verhaftet. Die Lage in seinem Kloster ist sehr angespannt, seit sich einer der Mönche am 16. März 2011 auf einem öffentlichen Platz selbst verbrannte, um gegen die brutale Niederschlagung der Proteste von Tibetern vor drei Jahren zu erinnern. Der Selbstmord des 21 Jahre alten Phuntsok erregte weltweit Aufsehen.