13.11.2015

Australischer Premierminister Turnbull in Berlin

„Herr Premierminister, bitte nehmen Sie den Dialog mit Australiens Ureinwohnern auf! Sie brauchen endlich klare Rechte! Treaty now!“ (Pressemitteilung)

© GfbV

Mit einer Mahnwache hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gemeinsam mit dem „Berlin Aboriginal Solidaritätsnetzwerk“ am Freitag in Berlin an Australiens Premierminister Malcolm Turnbull appelliert, den Dialog mit den Aboriginal Australians zu einem Schwerpunkt seiner Regierungspolitik zu machen. „Durch Jahrhunderte lange Ausgrenzung, Rassismus, Unterdrückung und Verfolgung leben die rund 460.000 Ureinwohner Australiens heute mehrheitlich am Rande der Gesellschaft, haben keine Perspektive, sind vielfach krank und entwurzelt“, erklärte die Menschenrechtsorganisation. „Nur ein echter Dialog über die Verbrechen der Vergangenheit und über einen radikalen Neuanfang in den Beziehungen zwischen indigener und Mehrheitsbevölkerung kann zu einer Verbesserung führen.“

Sprecher der indigenen Bevölkerung fordern einen landesweiten Prozess auf möglichst vielen gesellschaftlichen Ebenen, der in einen bindenden Vertrag münden und zu festgeschriebenen, einklagbaren Rechten für Aboriginal Australians führen soll. Diesen Wunsch sollen Angela Merkel und die weiteren Gesprächsteilnehmer am Freitag dem neuen australischen Premier vortragen. Darum hatte die GfbV die Bundeskanzlerin schon vor Ankunft des Staatsgastes in einem Schreiben gebeten.

Bisher werden die Rechte der Aboriginal Australians mit Füßen getreten, obwohl sie die ersten Bewohner des Landes waren. Ihre Situation ist nach GfbV-Angaben „deprimierend“. So ist die Lebenserwartung der Ureinwohner zehn bis zwölf Jahre kürzer und die Kindersterblichkeit bei ihnen doppelt so hoch wie bei der Mehrheitsbevölkerung. Eine erschreckend große Zahl an Aboriginal Australians stirbt an Krankheiten, die gut zu behandeln sind, wie etwa Diabetes. 2013-2014 waren 27,4 Prozent aller Gefängnisinsassen Ureinwohner bei einem Bevölkerungsanteil von 2,3 Prozent. Indigene Jugendliche haben ein 24 Mal höheres Risiko in Haft zu kommen als nicht-indigene. Im Bundesstaat Western Australia ist das Risiko sogar 53 Mal höher.

Erst am 9.11.2015 wurde Australien vor dem Menschenrechtsrat der UN massiv kritisiert. Über 100 UN-Mitgliedsstaaten gaben mehr als 300 Empfehlungen dazu ab, wie die Situation der Flüchtlinge und der indigenen Bevölkerung dort verbessert werden könnte. „Das ist eine Chance für die neue Regierung Turnbull: Ein fairer und ernst gemeinter Neustart in den Beziehungen zu den Aboriginal Australians und ein Ende der inhumanen Flüchtlingspolitik sollten Herzstück seiner Regierungszeit sein“, erklärte die GfbV. „Damit könnte sich Australien für den ab 2018 gewünschten Sitz im UN Menschenrechtsrat qualifizieren.“