17.04.2012

Bitte setzen Sie sich für ein Ende der Folter in Russland ein!

Appell an Bundeskanzlerin Merkel:

Für die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Generalsekretär Tilman Zülch am Dienstag an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, sich jetzt in die aktuelle Debatte in Russland zum Thema Folter auf Polizeiwachen und in Gefängnissen einzumischen und sich für ein Ende dieser unmenschlichen Praxis zu engagieren. In ihrem Schreiben an die Kanzlerin schilderte die Menschenrechtsorganisation vier besonders drastische Folterfälle aus dem Nordkaukasus. Die Opfer – unter ihnen eine Studentin - wurden so gnadenlos gequält, dass einige die Misshandlungen möglicherweise nicht überleben werden. Nach Angaben der GfbV ergeht es Tschetschenen in Haft besonders schlecht. 

In Russland melden sich zurzeit Hunderte von Folteropfern zu Wort, nachdem bekannt wurde, dass ein junger Mann Mitte März in Polizeigewahrsam an den Folgen von Folter gestorben ist. „Sie haben oft viele Jahre aus Angst geschwiegen. Nun scheint die Empörung so groß zu sein, dass es Hoffnung auf tatsächliche Veränderung gibt“, schrieb Zülch. „Bitte unterstützen Sie die Forderung nach der konsequenten Umsetzung des Folterverbots, die Menschenrechtsorganisationen, Opferverbände und Demokraten in Russland erheben.“

Häufig kommt es der GfbV zufolge sofort nach einer Festnahme zu körperlicher Gewalt gegen die Verhafteten. Gerade im Nordkaukasus wird Folter bei Verhören und während der Untersuchungshaft systematisch eingesetzt, um Geständnisse zu erpressen. Aufgrund dieser mit Gewalt erzwungenen Geständnisse werden Haftstrafen verhängt. Im Gefängnis sind Tschetschenen dann den Grausamkeiten vor allem derjenigen Wärter ausgesetzt, die als Soldaten nach Tschetschenien geschickt wurden. Außerdem werden tschetschenische Gefangene häufig von Mitgefangenen misshandelt, die Tschetschenen und anderen Nordkaukasiern feindlich gegenüber stehen.

Mindestens 20.000 Tschetschenen und eine unbekannte Anzahl von Inguschen sowie Angehörige anderer nordkaukasischer Völker sollen in russischen Haft-anstalten einsitzen. Mit rund 900.000 Inhaftierten sind die Gefängnisse völlig überlastet. Nach Angaben des russischen Generalstaatsanwalts sind 90 Prozent der Gefangenen krank. Mindestens 40.000 leiden unter Tuberkulose, über 55.000 haben HIV/Aids.

In Russland muss die Polizei eine monatliche Quote von Verhaftungen erfüllen, kritisiert die GfbV. Diese Quote wird als ein Grund dafür angesehen, dass so viele falsche Geständnisse durch Folter erpresst werden „Es ist daher auch sehr wichtig, die Abschaffung dieser „Quotenregelung“ zu fordern“, heißt es in dem Schreiben an Frau Merkel.