18.08.2015

Brasilien: Merkel soll sich für bedrängte Indigene einsetzen

Erste brasilianisch-deutsche Regierungskonsultationen (19./20.08.) (Pressemitteilung)

© Flickr/Blog do Planalto

Bundeskanzlerin Angela Merkel soll sich bei den ersten brasilianisch-deutschen Regierungskonsultationen für die bedrängten und verfolgten Indianer in dem südamerikanischen Land einsetzen. Darum hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Merkel kurz vor ihrer Abreise in einem dringenden Appell gebeten. „Die Lage der indigenen Völker Brasiliens ist verzweifelt und wenn sie sich der Erschließung der letzten Naturparadiese entgegenstellen, eskaliert die Gewalt: Allein 2014 wurden 138 Indianer ermordet, die als indigene Umweltschützer ihr Gebiet friedlich verteidigen wollten. Das sind mehr als doppelt so viele wie 2012“, beklagt GfbV-Referentin Yvonne Bangert. „135 Jugendliche und Kinder ertrugen die Ausweglosigkeit ihrer Existenz nicht länger und wählten den Freitod. Erschreckend ist auch die hohe Sterblichkeit von Kindern und Alten. 2014 waren es 785 Fälle. Besonders betroffen waren die Xavante und die Yanomami, die 116 bzw. 46 tote Kinder betrauern mussten.“ Merkel wird am Mittwoch in Brasilia erwartet.

Die GfbV erhob in ihrem Schreiben an die Bundeskanzlerin schwere Vorwürfe gegen die brasilianischen Behörden. Obwohl eigenes Land für die indigenen Gemeinschaften überlebensnotwendig sei, würden Verfahren zur Anerkennung von Reservaten und ihre wirksame Absicherung absichtlich verzögert, kritisierte die GfbV unter Berufung auf einen Bericht der CIMI, der Menschenrechtsorganisation für indigene Völker der Brasilianischen Bischofskonferenz. Sie hat für 2013 dokumentiert, dass die Anspruchsverfahren der indigenen Bevölkerung auf eigenes Land in 118 Fällen verzögert oder gar nicht umgesetzt wurden. Das sind mehr als doppelt so viele Fälle als im Vorjahr. „Ein wichtiges Motiv für die staatliche Verzögerungstaktik bei der Absicherung indigener Gebiete ist im Bau von Wasserkraftwerken oder anderen Formen der Landnutzung wie etwa Monokulturen mit Soja oder Zuckerrohr zu sehen“, ergänzt Bangert.

305 indigene Völker gibt es offiziell in Brasilien. Hinzukommen nach Schätzungen der CIMI etwa 100 in freiwilliger Abgeschiedenheit lebende kleine Völker. Sie sind auf Grund ihrer naturnahen, nachhaltigen Lebensweise auf eine intakte Umwelt und ein Gebiet von ausreichender Größe zur Sicherung ihrer Existenz durch Jagd, Fischfang, Sammeln und auch Anbau von Nahrung angewiesen.

„Wir vertrauen darauf, dass die Bundeskanzlerin unseren Appell ernst nimmt und ihren Einfluss auf ihre brasilianischen Gesprächspartner nutzt, damit die Ureinwohner Brasiliens nicht von der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Siedlungsgebiete überrollt werden und mit ihrer Lebensgrundlage jeglichen Halt verlieren“, sagte Bangert.


Header Foto: Flickr/Blog do Planalto


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