24.10.2016

China: Europa darf prominentesten uigurischen Gefangenen nicht vergessen

Bei Menschenrechtsdialog mit China engagierter für die Freilassung Ilham Tohtis einsetzen! (Pressemitteilung)

Dem Wirtschaftsprofessor kommt eine besondere Bedeutung zu, weil er sich in Zeiten von Konfrontation und Gewalteskalation darum bemüht hat, Brücken zwischen verfeindeten ethnischen Gemeinschaften zu bauen. Foto: Adrian Hancu via istock

Vor den unmittelbar bevorstehenden Menschenrechtsdialogen Deutschlands und der Europäischen Union mit China hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mehr Engagement für die Freilassung von Ilham Tohti, dem prominentesten gefangenen Uiguren, gefordert. „Am morgigen Dienstag wird Tohti 47 Jahre alt. Das ist bereits sein dritter Geburtstag in Haft. Die Welt darf ihn nicht vergessen! Denn Tohti hat sich unermüdlich und unerschrocken für die Verständigung und Aussöhnung zwischen Uiguren und Han-Chinesen eingesetzt. Sein Lebenswerk ist mit den zunehmenden Spannungen in Xinjiang/Ostturkestan heute aktueller denn je zuvor“, erklärte der GfbV-China-Experte Ulrich Delius am Montag in Göttingen. Der Deutsch-Chinesische Menschenrechtsdialog wird am 7./8.11.2016 stattfinden, nur eine Woche später dann der Europäisch-Chinesische Menschenrechtsdialog.

Der prominente politische Gefangene wurde im Oktober 2016 mit dem renommierten Martin Ennals Award ausgezeichnet. Außerdem ist er für den Sacharow-Menschenrechtspreis 2016 des Europaparlaments nominiert. „Er hat sein eigenes Leben und das seiner Familie riskiert, um sich für Frieden und mehr Demokratie und Menschenrechte in seiner uigurischen Heimat einzusetzen. Bezahlt hat er dies mit lebenslanger Haft und mit der dauerhaften Trennung seiner Familie“, sagte Delius. Tohti wurde aus einer Haftanstalt in Peking in ein Gefängnis nach Xinjiang/Ostturkestan verlegt und ist so von seiner in der Hauptstadt lebenden Ehefrau und seinem jungen Sohn 2.400 Kilometer entfernt. Von seiner in den USA lebenden Tochter trennen ihn sogar mehr als 10.000 Kilometer. Ihm war dort eine Gastprofessur angeboten worden. Doch anreisen durfte nur seine Tochter, die nun in den USA studiert.  

Dem seit Januar 2014 inhaftierten Wirtschaftsprofessor kommt eine besondere Bedeutung zu, weil er sich in Zeiten von Konfrontation und Gewalteskalation darum bemüht hat, Brücken zwischen verfeindeten ethnischen Gemeinschaften zu bauen. So erklärte er Han-Chinesen auf eigens dafür entwickelten Webseiten in chinesischer Sprache die Hintergründe des Aufbegehrens der Uiguren. Gerade dies brachte ihn dann aber hinter Gitter, weil Menschenrechtsverletzungen an Uiguren systematisch von Chinas Behörden geleugnet werden. Die Strafverfolgungsbehörden ermittelten sechs Monate lang gegen den Professor und nahmen zahlreiche seiner Studenten fest, um sie zu belastenden Aussagen gegen ihn zu zwingen. Das Ergebnis war eine absurde Anklage wegen vermeintlichen „Sezessionismus“ gegen eine Person, die niemals die Einheit Chinas in Frage gestellt hat.

Header Foto: Adrian Hancu via istock