10.07.2018

China: Geiseldiplomatie - Ausreise von Liu Xia war "längst überfällig"

Kein Zeichen für Verbesserung der Menschenrechtslage in China (Pressemitteilung)

Liu Xia hat sich nicht als Menschenrechtlerin oder politische Oppositionelle betätigt. Ihr jahrelanger Hausarrest ist nur auf ihre Verbindung zu ihrem verstorbenen Ehemann Liu Xiaobo zurückzuführen. Bild: Hanno Schedler für GfbV

Mit Erleichterung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zur Kenntnis genommen, dass die Witwe des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo jetzt aus China ausreisen darf. „Erst gestern haben wir während der deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen vor dem Bundeskanzleramt für eine freie Ausreise von Liu Xia demonstriert. Es war eine lange überfällige humanitäre Geste der chinesischen Führung, die schwer erkrankte Witwe endlich ins Exil gehen zu lassen. Diese Geiseldiplomatie sollte aber nicht als Zeichen einer Verbesserung der Menschenrechtslage in China verstanden werden“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen.

„Die Freilassung von Liu Xia ist offenbar Teil einer plumpen Charme-Offensive der chinesischen Staatsführung, die in Europa um ein gemeinsames Vorgehen im Handelskrieg mit den USA wirbt“, sagte Delius. „Liu Xia vier Tage vor dem ersten Jahrestag des Todes ihres Ehemannes Liu Xiaobo freizulassen, ist Ausdruck eines geschickten Timings, aber nicht von Humanität. Wir danken jedoch der Bundesregierung für ihre andauernden Bemühungen für die Freilassung von Liu Xia.“ 

Chinas Ministerpräsident Li Keqiang hatte am Montag in Berlin behauptet, die Menschenrechtslage in der Volksrepublik habe sich verbessert. Nach Auffassung der GfbV mache aber gerade das Schicksal von Liu Xia deutlich, wie weit die Volksrepublik noch von Rechtsstaatlichkeit entfernt ist. Denn auch in China sei Sippenhaft illegal und werde trotzdem praktiziert, kritisierte Delius. „Liu Xia hat sich nicht als Menschenrechtlerin oder politische Oppositionelle betätigt. Ihr jahrelanger Hausarrest ist nur auf ihre Verbindung zu ihrem verstorbenen Ehemann Liu Xiaobo zurückzuführen.“

Die GfbV verweist darauf, dass es gängige Praxis in Chinas Strafvollzug ist, unschuldige Familienangehörige von im Exil lebenden Menschenrechtsaktivisten unter Vorwänden zu inhaftieren, um die im Ausland lebenden Menschenrechtler einzuschüchtern. Dieser systematische Missbrauch der Sippenhaft verstößt sowohl gegen chinesisches als auch gegen internationales Recht.