12.06.2008

Deklaration des Internationalen Indigenen Forums zu Biodiversität (IIFB) zur 9. Vertragsstaatenkonferenz 2008 in Bonn

Zur Vorbereitung der 9. Vertragsstaatenkonferenz zur biologischen Vielfalt (CBD COP 9) trafen sich über 130 indigene VertreterInnen in Bonn. Hier wurden gemeinsame Positionen und Strategien abgestimmt. Zur Eröffnung der Konferenz wurden die Positionen den nationalen Delegationen vorgetragen.

Diese Erklärung wird im Namen des Internationalen Indigenen Forums für biologische Vielfalt (IIFB) abgegeben.

Das IIFB möchten die Gelegenheit nutzen, die Deklaration der Vereinten Nationen der Rechte indigener Völker zu feiern und den aufrichtigen Dank all jenen Staaten auszudrücken, die für die Annahme der Erklärung gestimmt haben. Ihre Verabschiedung hat zum Bestehen und zur Festigung der universellen Menschenrechtsstandards und zum Schutz der kollektiven Rechte der indigenen Völker beigetragen. Alle Entscheidungen, die im Rahmen der Konvention über biologische Vielfalt getroffen werden, müssen im Einklang mit der UN-Konvention stehen.

 

Biologische Vielfalt und Klimawandel

Wir, die indigenen Völker, sind die Eigentümer und Bewahrer der Regionen, welche die höchste biologische Vielfalt weltweit besitzen. Dies betrifft die Vielfalt der Wälder, Wüsten, Gebirgsregionen und Inseln wie auch der Landwirtschaft. Seit Jahrhunderten haben wir zur Bewahrung der Biodiversität beigetragen – durch unser traditionelles Wissen, Innovationen, Praktiken und unsere genetischen Ressourcen. Wir haben eine ganzheitliche Auffassung von Mutter Natur und ihrer Vielfalt.

Wir sind schon heute vom Klimawandel und teils auch von der Klimaschutzpolitik betroffen, die auf unserem Planeten, genannt Erde, vonstatten geht, Wir müssen dringend Alternativen suchen, damit Auswirkungen auf die gesamte Menschheit und Schäden vermindert werden können. In diesem Sinne müssen wir die Stimmen und die Erinnerung unserer Vorfahren immer berücksichtigen. Mit ihrem Wissen hatten sie bereits solche Übel und Ereignisse vorausgesagt, die der Mensch selbst verursacht hat, während er seine Spiritualität verliert und große Schäden wie den Klimawandel auslöst.

Wir müssen die drei Rio-Konventionen in Erinnerung bringen und umsetzen: die Konvention über biologische Vielfalt, die UN-Klimarahmenkonvention und Erklärung zur Bekämpfung der Wüstenbildung.

 

Schutzgebiete

Wir sind sehr besorgt über den gegenwärtigen Vorstoß weitere Schutzgebiete zu beschließen und fordern die Anerkennung der indigenen Territorien und der von Gemeinden geschützten Gebiete und ihr Beitrag zur Erhaltung der kulturellen und biologischen Vielfalt. Folglich sind wir gegen die Einrichtung aller neuen nationalen Schutzgebiete auf indigenen Gebieten sowie Territorien und wenden uns gegen die Integration in ein nationales Schutzgebiet-System.

Indigene Völker werden in Management, Monitoring und Evaluierung der vorhandenen Schutzgebiete nicht einbezogen. Aus diesem Grunde fordern wir, dass diese nicht einer staatlichen Gesetzgebung unterworfen werden. Wir drängen auf eine Diskussion über Schutzgebiete, die sich auf indigenen Territorien und Gebieten befinden und ohne vorherige Absprache mit den betroffenen Völkern getroffen wurden. Ihre Rückgabe ermöglicht es den indigenen Völkern die Kontrolle zurückzugewinnen und den Erhalt ihrer Territorien und Gebiete sicherzustellen.

Wir verlangen Rückgabe unserer Territorien und Gebiete, die als Schutzgebiete ausgewiesen wurden.

 

Zugang und gerechter Vorteilsausgleich (ABS)

Das Internationale Regime zu ABS muss mit den Mindestanforderungen übereinstimmen, die in der UN-Deklaration der Rechte indigener Völker dargelegt werden. Das Regime muss die Rechte indigener Völker über unsere genetischen Ressourcen anerkennen und nicht nur unser traditionelles Wissen, das mit diesen in Verbindung steht. Die freie und informierte Zustimmung der indigenen Völker muss vor dem Zugang zu unseren genetischen Ressourcen und dem dazugehörigen traditionellen Wissen erfolgen. Die angemessene Terminologie – "indigene Völker" – muss hier bestätigt und verwendet werden.

 

Artikel 8(j)

Das Programm der Arbeitsgruppe zu Artikel 8(j) und in Verbindung stehende Bestimmungen sind für den Erfolg der Konvention grundlegend und von fundamentaler Bedeutung für die indigenen Völker. Wir begrüßen die positiven Resultate der Arbeitsgruppe wie die "Akwe: Kon Richtlinien" . Wir unterstützen das Arbeitsprogramm, aber es muss einen erneuten Fokus auf bestimmte Bereiche geben, wie z.B. auf das sui generis-System, einen ethischen "Code of conduct" und die mit 8(j) in Verbindung stehende Themen wie das internationale Regime zu ABS. Wir sehen mit Besorgnis, dass die Arbeitsgruppe zu ABS, das Arbeitsprogramm der Arbeitsgruppe 8j zu überholen droht und rufen die Parteien dazu auf, beide Arbeitsgruppen weiterhin zu trennen und beizubehalten.

 

Finanzierungsmechanismen

Wir bedauern sehr, dass die thematische Schwerpunktsetzung der Konvention (2010-2014), die sich auf GEF -Fördermittel bezieht, ohne bedeutende Teilnahme der indigenen Völker ausgearbeitet worden ist. Die hier vorgeschlagenen Punkte untergraben die Rechte indigener Völker.

Wir fordern, dass die GEF eine direkte Finanzierung von Programmen und Projekten für indigene Völker bereitstellt. Zudem möchten wir in den Entwurf einer solchen Linie eingebunden sein. Schließlich möchten wir unsere Bedenken zur Finanzierung der CBD durch den GEF-Anpassungsfonds und den "Carbon Partnership Facility" der Weltbank zum Ausdruck bringen. Gerade hier sehen wir unsere Rechte, z.B. durch CDM - und REDD -Projekte durch fehlende Menschenrechtsstandards verletzt.

 

Landwirtschaftliche Vielfalt

Das Thema der landwirtschaftlichen Vielfalt ist für indigene Völker besonders wichtig, vor allem auch angesichts der wachsenden weltweiten Lebensmittelknappheit. Wir fordern die Staaten auf, das Recht der indigenen Völker auf uneingeschränkten Tausch und Verkauf ihres Saatguts zu garantieren. Landwirtschaftliche Subventionen schaden indigenen Völkern und Kleinbauern – Finanzierungen sollten zu Gunsten der Betroffenen gehen und sie vor dem Verlust der biologischen Vielfalt schützen, welche durch industrielle Landwirtschaft (Plantagen) und den globalen Handel angeregt wird.

Die negativen Auswirkungen der Agrotreibstoffe erkennend, fordern wir den Stopp der Produktion und ein Ende der Terminator- und GMO/GE-Technologien.

Die Parteien (COP) und internationalen Organisationen sollten den Schutz und der Förderung indigenen Wissens über Landwirtschaft mehr Aufmerksamkeit schenken, als der Patentierung von traditionellem Wissen und ihres Saatguts.

 

Binnengewässer – invasive Arten

Die Verschmutzung von Binnengewässer, der Bau von Wasserkraftwerken und die künstliche Ablenkung von Flüssen führen zum Verlust von Vielfalt, die eng mit dem traditionellen Wissen indigener Völker verbunden ist.

Es ist notwendig, dass die CBD die Praxis des traditionellen Managements von Wasserressourcen und das Gewohnheitsrecht indigener Völker und lokaler Gemeinschaften zum Zugang zu den biologischen Ressourcen der Binnengewässer anerkennt. Wir fordern die Unterstützung von Studien zur Verschmutzung von Binnenwässern, einschließlich grenzüberschreitender Gewässer.

 

Marine- und Küstenvielfalt, Vielfalt der Inseln

Wir, die indigenen Völker, haben das Wissen unserer Vorfahren zur nachhaltigen Nutzung unserer marinen Systeme und wir glauben, dass die Kriterien, die für die Schaffung mariner Schutzgebiete aufgestellt werden, nicht nur wissenschaftliche, sondern vor allem auch soziale, traditionelle und spirituelle Kriterien enthalten müssen. Die Planung, das Management und die Schaffung von marinen und Küsten-Schutzgebieten müssen eine freie, vorherige und informierte Zustimmung zugrunde legen und eine umfassende und wirkungsvolle Teilnahme indigener Völker gewährleisten, wie dies auch in der UN-Erklärung zu den Rechten der indigenen Völker festgehalten ist.

 

Kommunikation, Bildung und öffentliche Bewusstseinsbildung

Indigene Völker haben Kommunikation, Bildung und öffentliche Bildungsarbeit (CEPA) als Schlüsselkomponenten unseres Arbeitsprogramms definiert. Wir begrüßen die Einbeziehung indigener und lokaler RepräsentantInnen in die informelle Gutachterkommission und freuen uns auf eine fruchtbare zukünftige Zusammenarbeit. Das IIFB muss eine Schlüsselfunktion in der Implementierung des Programms (CEPA) haben, um die volle und effektive Teilnahme der indigenen Völker sicherzustellen. Eine grundlegende Information innerhalb der CEPA Tätigkeiten, sollte die zentrale Rolle der indigenen Völker in der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt hervorheben.