07.09.2012

Desolate Menschenrechtslage – Massenverhaftung von mehr als 320 Jugendlichen in Mogadischu

Präsidentschaftswahl in Somalia (10.9.)

Vier Tage vor den Präsidentschaftswahlen in Somalia sind gestern mehr als 320 Jugendliche und junge Menschen bei einer Großrazzia gegen mutmaßliche Unterstützer der aufständischen Al-Shabab-Milizen in der Hauptstadt Mogadischu festgenommen worden. Dies erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag in Göttingen. „Die Menschenrechtslage in Somalia ist katastrophal“, sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. „Alle Konfliktparteien in Somalia missachten die Menschenrechte der Zivilbevölkerung. Die internationale Staatengemeinschaft mag die Wahl des Staatspräsidenten als Sieg der Demokratie feiern, die Somalier werden aber auch in Zukunft unter Willkür und Machtmissbrauch leiden. 

So wurden gestern willkürlich mehr als 320 junge Menschen von Soldaten auf den Straßen der Hauptstadt aufgegriffen und in Gewahrsam genommen. In den Augen der Soldaten gelten die jungen Leute als mutmaßliche Unterstützer der radikal-islamischen Al Shabab-Milizen, die immer wieder die Stadt angreifen. Um jeden Preis soll für die so lange aufgeschobenen Präsidentschaftswahlen Ruhe in der seit Jahren umkämpften Stadt garantiert werden.

Schon im Juli 2012 hatten willkürliche Massenverhaftungen angeblicher Unterstützer von Al Shabab für Aufsehen gesorgt. So waren nach Angaben der Nationalen Sicherheitsagentur (NSA) am 5. Juli mehr als 3.000 Personen festgenommen worden und am 14. Juli wurden erneut 89 Menschen verhaftet. „Die von der Europäischen Union und den Vereinten Nationen unterstützte Regierung Somalias diskreditiert sich bei der Bevölkerung mit diesen willkürlichen Massenverhaftungen. Statt dem Terror der Shabab-Milizen, die auch vor Steinigungen nicht zurückschrecken, eine klare Absage zu erteilen und Menschenrechte zu beachten, treten auch Europas Partner Menschenrechte mit Füßen“, erklärte Delius.

Ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung wird der Kampf gegen Al Shabab geführt. So wurde in den letzten Tagen mehrfach die Hafenstadt Kismayo von See aus mit Raketen beschossen. Die 500 Kilometer südlich von Mogadischu gelegene Stadt gilt als eine der letzten Bastionen von Al Shabab. Für Somalias Armee und die verbündeten Streitkräfte aus Kenia und Äthiopien zählt nur der militärische Sieg über Al Shabab. Konventionen zum Schutz der Zivilbevölkerung und grundlegende Menschenrechte werden dabei regelmäßig verletzt, ohne dass die internationale Staatengemeinschaft dies kritisiert oder interveniert.