22.12.2006

Deutschland muss Iraks Christen aufnehmen

Weihnachtsappell der Gesellschaft für bedrohte Völker International:

Nach ihrer Rückkehr aus dem Irak haben die beiden Delegierten der Gesellschaft für bedrohte Völker International (GfbV), Präsident Tilman Zülch und das Vorstandsmitglied der deutschen GfbV-Sektion Udo Fahlbusch, an Öffentlichkeit und die Medien sowie an die Bundesregierung, das Parlament und die Parteien in Deutschland appelliert, der Tragödie der Christen des Irak nicht länger tatenlos zuzusehen. "Deutschland muss die gejagten assyro-chaldäischen Christen aus dem Irak gemeinsam mit anderen europäischen Ländern aufnehmen, sie integrieren und schließlich einbürgern - ohne Wenn und Aber", erklärten die Menschenrechtler, die Anfang Dezember im irakischen Bundesstaat Kurdistan vor dem Terror islamischer Gruppen geflohene Christen befragt haben. Gleichzeitig kritisierten sie es als verantwortungslos und inhuman, dass deutsche Gerichte und Behörden den bisher langjährig geduldeten christlichen Flüchtlingen aus dem Irak, die schon seit den 70-er und 80-er Jahren in Deutschland leben, jetzt den Asylstatus entziehen.

 

"Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass sich die 2000-jährige Geschichte der Assyro-Chaldäer im Irak immer schneller dem Ende nähert", sagte Zülch. "Unter den Christen hat eine panische Fluchtbewegung aus dem arabischen Teil des Irak eingesetzt, der drei Viertel des gesamten Landes umfasst. 30 ihrer Kirchen sind zerstört, täglich werden Christen entführt, vergewaltigt, misshandelt und ermordet. Dieser Exodus ist nicht mehr aufzuhalten. Wenn sich selbst die US-Armee abzusetzen beginnt, darf es niemanden wundern, dass diese Menschen keine Zukunft mehr für ihre Familien und ihr Volk in diesem Land sehen, in dem Christen sogar geköpft oder gekreuzigt werden. Im Bürgerkrieg zwischen fanatischen schiitischen und sunnitischen Milizen und Terroristengruppen, bleibt für die Assyro-Chaldäer kein Platz. Die Argumentation deutscher Gerichte, es gäbe keine staatliche Verfolgung von Christen im Irak, ist töricht. Denn täglich verüben Milizen und Terrorgruppen furchtbare Gewalttaten, die im gesamten arabischen Irak de facto an der Macht sind.

 

Von denen vor Kriegsbeginn noch 700 000 Christen sind inzwischen mindestens 500 000 geflüchtet. Die verbliebenen 200 000 haben entweder nicht die materiellen Möglichkeiten zu fliehen, oder sie fürchten, auf der Flucht ihr Leben zu verlieren. Die Zahl der Christen in Bagdad ist von etwa 400 000 auf knapp 100 000 gesunken. Von 30 000 Assyro-Chaldäern in Basra sind nur noch etwa 1000 in der Stadt geblieben. In Mosul, früher etwa 80 000 Christen, sollen sich nur noch ein paar Hundert von ihnen aufhalten.

 

Nur etwa 40 000 christliche Flüchtlinge konnten in dem ruhigen Nordirak Aufnahme finden, während weitere 40 000 in die sogenannte Ninive-Ebene östlich von Mosul geflohen sind. Diese von etwa 60 000 einheimischen Christen bewohnte Region, von kurdischen und assyro-chaldäischen Sicherheitskräften kontrolliert, verlangt den Anschluss an den kurdischen Bundesstaat im Nordirak. "Kommt diese Vereinigung nicht zu Stande, wird mit dem Übergreifen des Bürgerkriegs und der Christenverfolgung auf die Ninive-Ebene gerechnet", berichtete Zülch. Er wandte sich heute auch mit einem Schreiben an die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit Frau Heidemarie Wieczorek-Zeul mit der Bitte, die Ansiedlung der christlichen Flüchtlinge im irakischen Bundesstaat Kurdistan und der Ninive-Ebene zu unterstützen.