25.05.2020

Diskriminierende Sprache in Ägypten

Religiöse Minderheiten sind keine „Schutzbefohlenen“ (Pressemitteilung)

In Ägypten ist eine Diskussion über den Begriff „Dhimmis" – Schutzbefohlene – entbrannt. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert, dass islamische Institutionen und Verbände ihn nicht mehr verwenden sollen. Diskussionen über die rechtliche Lage der koptischen Glaubensgemeinschaft sowie anderer nichtmuslimischer Volksgruppen müssten auf Augenhöhe stattfinden.

„Einige Scheichs von Azhar, eines einflussreichen islamischen Forschungsinstituts mit Sitz in Kairo sowie einige Künstler in Ägypten bestehen darauf, die christliche, jüdische und andere nicht-muslimische Volksgruppen als Dhimmis zu bezeichnen“, berichtet der GfbV-Nahostexperte Dr. Kamal Sido. „Insbesondere für die koptische Bevölkerung, die sich als Urbevölkerung des Landes versteht, ist das eine tiefe Beleidigung und Diskriminierung.“ Muslimische Juristen verwendeten den Begriff für Menschen, die in einer muslimisch beherrschten Gesellschaft eine Art Tribut oder Steuer an die Herrschenden zahlen mussten. 

Der in Ägypten bekannte salafistische Prediger Muhammad al-Abasiri behauptet im arabischsprachigen Internetportal Masrawy, der Begriff sei als Ehrung gemeint und solle Andersgläubige schützen. „Das ist eine verzerrende Beschönigung des Dhimmi-Begriffes“, erklärt Sido. „Er wurde traditionell und zuletzt vom sogenannten Islamischen Staat benutzt, um Angehörige der christlichen, yezidischen, jüdischen, mandäischen und anderer nicht-muslimischen Volksgruppen herabzuwürdigen, zu schikanieren, zu vertreiben und zu ermorden.“

Die GfbV fordert, Bestimmungen des Scharia-Rechts in Ägypten und allen anderen mehrheitlich muslimischen Staaten aus den Gesetzbüchern zu streichen. Formulierungen, die zum Nachteil der nicht-muslimischen Bevölkerung interpretiert werden könnten, sollten abgeschafft werden. „Das gilt auch für Schulbücher, deren Inhalte oft zweideutig sind und für eine Radikalisierung der Jugend missbraucht werden können“, so Sido. 

Am vergangenen Donnerstag meldete sich Louis Raphaël I. Kardinal Sako, Patriarch von Babylon und Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche zu Wort. Er erklärte, die christliche Bevölkerung des Iraks sei fest mit ihrem Land verbunden. Die Gläubigen seien stolz auf das Erbe ihrer Geschichte und hielten an ihrem christlichen Glauben fest. Es sei aber bedauerlich, dass ihre Situation in den vergangenen Jahren aufgrund der Krisen immer schwieriger werde. Er fordert rechtliche Garantien, um die christlichen und andere religiösen Minderheiten im Land zu schützen.

Der Iraker Sako wurde 2018 von Papst Franziskus als Kardinalbischof in das Kardinalskollegium aufgenommen. Ein Jahr später wurde der irakische Patriarch Mitglied des Päpstlichen Rats für Interreligiösen Dialog.