14.07.2015

Bosnien: Verständnis für empörte Reaktion der Trauergäste von Srebrenica

Eklat bei Gedenkveranstaltung von Potocari/Srebrenica: „Vucic ist ein Wolf im Schafspelz“ (Pressemitteilung)

© Flickr/Mikel Oibar

Der Generalsekretär und Gründer der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch, hat Verständnis für die Empörung der Trauergäste von Srebrenica über die Teilnahme des serbischen Ministerpräsidenten an der Gedenkveranstaltung zum 20. Jahrestag des Massakers in der ostbosnischen Stadt geäußert. „Aleksandar Vucic soll sich an völkermordartigen Verbrechen im Bosnienkrieg beteiligt haben und tut als Ministerpräsident Serbiens weder etwas für eine Wiedervereinigung des geteilten Nachbarlandes noch will er sich dort dafür einsetzen, dass die „ethnischen Säuberungen“ rückgängig gemacht werden. Er ist ein Wolf im Schafspelz und da ist es kein Wunder, dass die Überlebenden keine gute Miene zum bösen Spiel machen konnten“, erklärte der Menschenrechtler am Dienstag in Göttingen.

Als Mitglied der Serbischen Radikalen Partei stieß Vucic als Freiwilliger zu den serbischen Tschetniks in Sarajevo, berichtete der Parteivorsitzende und mutmaßliche Kriegsverbrecher Vojislav Seselj während einer Vernehmung vor dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal (ICTY). Vom jüdischen Friedhof aus nahmen Scharfschützen seiner Einheit Zivilisten ins Visier. Insgesamt 11.541 Einwohner der bosnischen Hauptstadt, unter ihnen rund 1.500 Kinder wurden von serbischen Truppen 1992 bis 1995 getötet.

Später unterstützte Vucic als Berichterstatter des Fernsehsenders „Kanal S“ in Pale, der Hochburg der bosnischen Serben, und von „TV Pale“ die serbischen Truppen mit Hetzkampagnen und Kriegspropaganda. Wenige Tage nach dem Genozid von Srebrenica und Bombenangriffen auf serbische Stellungen hatte Vucic am 20. Juli 1995 im serbischen Parlament erklärt: „Bombardiert nur! Tötet einen Serben und wir werden hundert Muslime (töten) und dann sehen wir, ob die internationale Gemeinschaft oder jemand anderes serbische Stellungen angreifen kann!“

„Vucic war Protégé von Seselj, der bis zu seiner schweren Erkrankung wegen Kriegsverbrechen in Den Haag vor Gericht stand, und großer Verehrer der serbischen Kriegstreiber Radovan Karadzic und Ratko Mladic. Jahrelang hat er sich gegen ihre Auslieferung an das ICTY eingesetzt“, sagte Zülch. „Einen BBC-Dokumentarfilm über das Massaker von Srebrenica bezeichnete Vucic als „Verbrechen“ und Teil einer antiserbischen Hetzkampagne, deren Urheber bestraft werden müssten. Trotz seines vordergründig versöhnlichen Tones in jüngster Zeit leugnet der radikale Nationalist bis heute den Völkermord von Srebrenica und hat im Hintergrund an der Kampagne für ein russisches Veto im UN-Sicherheitsrat zur Resolution über den Genozid mitgearbeitet.


Header Foto: Mikel Oibar