14.03.2014

Europäische Union versagt bei Stabilisierung Libyens – Drei Jahre Libyen-Intervention (19.3.)

Gestürzter Ministerpräsident Libyens sucht in Deutschland Zuflucht

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Europäischen Union Versagen beim Aufbau eines demokratischen Staatswesens in Libyen nach dem Sturz Diktator Gaddafis vorgeworfen. „Wenige Tage vor dem dritten Jahrestag des Beginns der Libyen-Intervention versinkt das nordafrikanische Land immer mehr in Gewalt und Anarchie“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. „Mehr als 2.000 bewaffnete Milizen terrorisieren nach Belieben die Zivilbevölkerung. Fast täglich werden Libyer und immer häufiger auch Ausländer aus politischen Gründen ermordet oder entführt. Ethnische Minderheiten werden ausgegrenzt, religiöse Minderheiten leben in stetiger Gefahr vor Übergriffen von Extremisten, Journalisten werden angegriffen oder verschleppt. Hilflos und weitgehend tatenlos schaut Europa zu, wie das Land zerfällt. Während es für die Ukraine hektische Krisendiplomatie gibt, wird Libyen weitgehend sich selbst überlassen. Die internationale Gemeinschaft war gegen Gaddafis Truppen vorgegangen, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Doch wer schützt die Zivilisten heute vor den Milizen?“

Am 19. März jährt sich zum dritten Mal der Beginn der humanitären Intervention in Libyen. „Doch niemals stand es seit dem offiziellen Ende der Kämpfe so schlimm um das Land“, erklärte Delius. Gestern hatte der am letzten Wochenende abgesetzte Ministerpräsident Libyens Ali Zeidan in Deutschland Zuflucht gesucht. Mit seiner überstürzten Ausreise nach Malta und später Deutschland wollte der Politiker einer drohenden Verhaftung entgehen.

Mindestens 643 Menschen starben im Jahr 2013 bei politisch motivierten Terroranschlägen, Überfällen und Entführungen. Seit Wochen toben im Süden Libyens Kämpfe zwischen afrikanischen Toubou und arabischen Milizen, bei denen schon mehr als einhundert Menschen getötet wurden. Die 40.000 afrikanischen Vertriebenen aus der Stadt Tawergha dürfen noch immer nicht in ihre Heimatstadt zurückkehren, weil arabische Milizen auch aus rassistischen Gründen ihre Rückführung ablehnen. Tuareg und Berber klagen über ihre Ausgrenzung aus Wirtschaft und Gesellschaft durch schwer bewaffnete arabische und zum Teil islamistische Milizen.

Die Cyrenaika im Osten des Landes und der Fezzan im Süden streben nach einer Loslösung der an Rohstoffen reichen Regionen aus dem Staatsverband. Statt die Milizen endlich zu entwaffnen und das staatliche Gewaltmonopol von Polizei und Armee wieder zu garantieren, hält die Regierung in Tripolis noch immer zehntausende Milizionäre unter Sold. Zwar sicherten die „Freunde Libyens“ dem Land auf einer Konferenz in Rom am 6. März weitere Unterstützung zu, doch trotz der dramatischen Lage gab es nur wenig greifbare Ergebnisse.