10.06.2014

Exodus aufhalten! Europa muss mehr tun für Menschenrechte in Eritrea

Katholische Bischöfe aus Eritrea beklagen Massenflucht und Missstände

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat von der Europäischen Union (EU) mehr Initiativen zum Schutz der Menschenrechte in Eritrea gefordert, weil die Massenflucht aus dem ostafrikanischen Land immer erschreckendere Ausmaße annimmt. „Jede Woche kommen mehrere Dutzend eritreische Flüchtlinge bei dem Versuch zu Tode, über das Mittelmeer nach Europa zu fliehen“, berichtete der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. „Besonders Besorgnis erregend ist die hohe Zahl von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen, die sich auf die gefährliche Flucht begeben.“

In einem am vergangenen Wochenende bekannt gewordenen Pastoralbrief beklagen vier katholische Bischöfe aus Eritrea die Massenflucht und die katastrophalen Zustände in ihrem Land. „Den Massenexodus öffentlich anzusprechen und die Missstände unverblümt zu kritisieren, war ein mutiger Schritt in diesem diktatorisch geführten ostafrikanischen Land“, sagte Delius. Mehr als 300.000 der fünf Millionen Einwohner Eritreas sind bereits geflohen. Dort wird die Religions- und Meinungsfreiheit unterdrückt, es besteht unbegrenzte Wehrpflicht, es gibt viele Zwangsrekrutierungen und in Polizeigewahrsam wird gefoltert.

Nach Angaben des Hohen Kommissars für Flüchtlinge der Vereinten Nationen UNHCR fliehen zurzeit jeden Monat durchschnittlich 1.960 Eritreer nach Äthiopien. Am vergangenen Wochenende sind erneut mehrere eritreische Flüchtlinge bei einer gescheiterten Bergung im Mittelmeer ertrunken „Europa beklagt zwar die hohe Zahl der Boatpeople im Mittelmeer, tut aber wenig, um sich in ihren Heimatländern für mehr Respekt der Menschenrechte einzusetzen“, kritisierte Delius. „Dringend muss nach neuen Wegen gesucht werden, um den Exodus der Bevölkerung zu stoppen. Die jahrelange Politik der Isolation Eritreas auf internationaler Ebene hat nicht zu der erhofften Verbesserung der Menschenrechtlage geführt.“

Rund 2.500 der ca. 10.000 politischen Gefangenen in Eritrea werden aus religiösen Gründen festgehalten. Verhaftet werden vor allem evangelikale Christen, aber auch Pfingstler. Mindestens 49 Zeugen Jehovas werden seit Jahren ohne Gerichtsverfahren festgehalten. Seit dem Jahr 2007 steht der ehemalige Patriarch der Eritreisch-Orthodoxen Kirche Abune Antonios unter Hausarrest, weil er gegen die Einmischung des Staates in innerkirchliche Fragen protestiert hatte. Auch werden rund 180 Muslime in Haft gehalten, weil sie die Ernennung ihres Muftis durch den Staat kritisiert hatten. Rund 63 Prozent der eritreischen Bevölkerung sind Christen ( vier Prozent sind Katholiken, 57 Prozent stellen die orthodoxen Christen, ein Prozent sind jeweils Protestanten und kleinere christliche Gemeinschaften), 36 Prozent sind Muslime.


Ulrich Delius, der Afrikareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, ist erreichbar unter Tel. 0551 49906 27 oder afrika@gfbv.de.