18.06.2007

Exodus der Assyro-Chaldäer aus dem Irak

Menschenrechtsreport Nr. 47: Die größte Christenverfolgung der Gegenwart

Einleitung

"Wir töten euch, verschwindet!" Diese Drohung habe ich per SMS bekommen", berichtet Rafael Yousif (40) aus Mosul, "wir Christen haben schreckliche Angst." Todesdrohungen gegen Angehörige der christlichen Minderheit des Irak, der Assyro-Chaldäer, wurden auch auf Flugblättern verbreitet. Islamische Geistliche fordern sie sogar öffentlich zum Verlassen des Landes auf. So verlangte Imam Hatim Al Razak am 17. Mai 2007 von den Christen in Dora, einem Stadtteil von Bagdad, sie sollten zum Islam übertreten oder sofort gehen. Ihr Hab und Gut sollten sie zurücklassen. Zuvor waren innerhalb von nur drei Wochen schon mindestens 150 assyro-chaldäische Familien geflüchtet, weil sie mit dem Tod bedroht worden waren.

Fast täglich fordern Sprengstoffanschläge und Selbstmordattentate viele Opfer unter der irakischen Zivilbevölkerung. Gerade Christen schweben in ständiger Lebensgefahr. Sie sind nirgendwo mehr sicher – weder auf dem Weg zur Arbeit oder in die Schule noch in ihren Wohnungen oder Läden. Angegriffen wird, wer für ausländische Hilfswerke und Firmen arbeitet, mit DVDs handelt oder alkoholische Getränke verkauft. In ihren Briefkästen finden christliche Familien Drohbriefe, oder Todesdrohungen kommen per SMS an ihre Mobiltelefone. Hunderte Christen wurden schon entführt, Frauen vergewaltigt, Menschen bestialisch ermordet. Auf 30 Kirchen aller Konfessionen wurden Bombenanschläge verübt.

Die fast 2000-jährige Geschichte der Christen auf dem Gebiet des heutigen Irak steht vor dem Ende. Sie werden zwischen den Fronten verfeindeter islamischer Gruppen aufgerieben. Um dem Terror zu entkommen, bleibt den Assyro-Chaldäern nur die Flucht. Von den früher rund 650.000 Christen des Irak wurden schon drei Viertel aus ihrer Heimat vertrieben. Geblieben sind nur diejenigen, die alt, krank oder schwach sind, kein Auto und oder kein Geld für die Flucht haben.

Das vorliegende Memorandum beschreibt die Verbrechen an den Assyro-Chaldäern, beleuchtet ihre Situation als Flüchtlinge in Jordanien, Syrien und Kurdistan und analysiert die Behandlung der Flüchtlinge in Deutschland. Angefügt ist eine Chronik der Verbrechen an Assyro-Chaldäern seit dem Jahr 2003, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, da die Verbrechen von keiner unabhängigen Stelle dokumentiert werden. Sie lässt jedoch die Aussage zu, dass die christliche Minderheit im Irak systematischem Terror ausgesetzt ist und Schutz, Unterstützung und die Aufnahme von Flüchtlingskontingenten außerhalb des Nahen Ostens dringend erforderlich ist.

 

Forderungen

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert:

  • dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den unter uns lebenden christlichen Flüchtlingen aus dem Irak weiterhin Schutz gewährt und Widerrufsverfahren gegen sie einstellt.
  • dass die Bundesregierung und die Länder zustimmen, ein Kontingent von 20.000 assyro-chaldäischen Flüchtlingen aufzunehmen und keinen dieser Vertriebenen zurückzuweisen. Sie haben keine Zukunft mehr im Irak.
  • dass die Flüchtlinge in Syrien, Jordanien und im Nordirak politisch und humanitär unterstützt werden.
  • dass der multi-ethnische, multi-religiöse Bundesstaat Kurdistan und die angrenzende mehrheitlich christliche Niniveh-Ebene unter internationalen Schutz gestellt werden. Der Terror darf nicht auf diese bislang weitgehend sicheren Gebiete, in denen Zehntausende Flüchtlinge Zuflucht gefunden haben, übergreifen.

Unseren Menschenrechtsreport können Sie hier herunterladen.