24.06.2005

Extreme rassische Verfolgung im Kosovo ignoriert: Lage der Roma und Aschkali mit Situation der Juden und Sinti vor dem Holocaust vergleichbar

Innenministerkonferenz in Stuttgart (23./24.Juni 2005)

Die Innenminister und –senatoren des Bundes und der Länder haben auf ihrer Konferenz am Freitag in Stuttgart den Beschluss gefasst, Roma und Aschkali in den Kosovo verstärkt zurückzuführen und sie auch zwangsweise abzuschieben. Dazu erklärt der Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch:

 

"Die Innenminister ignorieren die massive rassische Verfolgung der Roma, Aschkali und "Ägypter" durch nationalistische Albaner im Kosovo. Die Situation dieser Minderheiten dort entspricht der Lage der Juden und Sinti in den Jahren vor Beginn des Holocaust. Das wissen die deutschen Innenpolitiker und deshalb müssen sie persönlich die Verantwortung tragen, wenn Zurückgeschobenen tatsächlich etwas passiert."

 

Für Roma und Aschkali sind ihre wenigen noch nicht zerstörten Dörfer im Kosovo zu Ghettos geworden, die sie nur bei Gefahr für Leib und Leben oder in Begleitung verlassen können. Wenn deutsche Innenminister und Ausländerbehörden Angehörige einer derart existentiell bedrohten ethnischen Minderheit deportieren, leisten sie den Tätern Vorschub gemeinsam mit der internationalen Kosovo-Verwaltung UNMIK.

 

Menschen mit dunklerer Hautfarbe können sich im Land nicht frei bewegen, bestätigt unser GfbV-Team im Kosovo in seinen regelmäßigen Berichten immer wieder: Roma, Aschkali und ihre Kinder sind Übergriffen schutzlos ausgeliefert. Diese reichen von Beschimpfungen, Demütigungen und Schikanen selbst bei Behörden und in Schulen bis hin zu tätlichen Angriffen in aller Öffentlichkeit.

 

Unter den Augen der Nato haben 1999 albanische Nationalisten 14.000 der 19.000 Häuser und 75 der Siedlungen der Roma und Aschkali zerstört. Bis heute hat die internationale Gemeinschaft ganze 200 dieser Häuser wiederaufgebaut. Albaner halten die Ruinen und Grundstücke besetzt. Die UNMIK hat nicht einmal Häuser oder Wohnungen für die mehr als 700 Roma errichtet, die in vier Flüchtlingslagern in der Nähe von Abraumhalden auf bleiverseuchtem Grund eingepfercht leben. Nachdem ein Kind nachweislich an Bleivergiftung gestorben ist, konnten durch Intervention des GfbV-Teams einige Roma-Kinder gerettet werden, die schwere Symptome einer Bleivergiftung zeigten.

 

90 Prozent der einst 150.000 Roma und Aschkali haben nach dem hemmungslosen Frontalangriff albanischer Nationalisten auf die Minderheiten, nach Misshandlungen, Folterungen, Vergewaltigungen, Verschwindenlassen und Mord den Kosovo verlassen. Die wenigen noch in den ghettoisierten Dörfern des Kosovo verbliebenen Roma und Aschkali haben so gut wie alle Arbeitsstellen verloren, werden in der Regel von albanischen Krankenhäusern abgewiesen.