29.10.2015

In Vietnam droht weitere Einschränkung der Glaubensfreiheit

Vietnamesisches Parlament berät über neues Religionsgesetz (Pressemitteilung)

Cao Dai Bischöfe während eines Gottesdienstes in Vietnam. Foto: ayngelina via Flickr

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) befürchtet eine weitere Einschränkung der Glaubensfreiheit in Vietnam durch ein neues Religionsgesetz. „Der Gesetzentwurf, der heute in erster Lesung vom vietnamesischen Parlament beraten wird, verletzt internationale Menschenrechtsstandards, zu deren Einhaltung sich auch Vietnam verpflichtet hat“, erklärte GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. „Dieses Gesetz ist kein Fortschritt bei der Umsetzung der verfassungsrechtlich garantierten Religionsfreiheit, sondern öffnet lokalen Behörden alle Möglichkeiten, Glaubensgemeinschaften willkürlich zu drangsalieren und Gläubige an der Religionsausübung zu hindern.“

So wird Religionsgemeinschaften das Recht vorenthalten, über bedeutende Fragen der Glaubens und ihrer Organisation selbst zu entscheiden. Vor allem soll ihre Religionsausübung auch weiterhin streng überwacht und von einer Zulassung durch staatliche Behörden abhängig gemacht werden. „Zudem öffnen unpräzise und zweideutige Formulierungen des Gesetzestextes staatlicher Willkür Tür und Tor“, kritisierte Delius. So können religiöse Feste verboten werden, wenn sie die „öffentliche oder gesellschaftliche Ordnung verletzen“ und Gemeinschaften können suspendiert werden, wenn ihnen „verbotene Taten“ vorgeworfen werden.

Kritik an dem Gesetzentwurf übt auch der Interfaith Council in Vietnam. Er äußerte die Befürchtung, das Gesetz werde die Religionsausübung eher verhindern als fördern und verlangte umfassende Änderungen des Textes. Die vietnamesische Association to Protect Freedom of Religion (APFOR) hat eine Kampagne gestartet, um besonders jungen Vietnamesen die Bedeutung eines Religionsgesetzes verständlich zu machen.

Der UN-Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit, Heiner Bielefeldt, hatte nach einem Besuch in Vietnam im Juli 2014 massive Verletzungen der Glaubensfreiheit kritisiert. Auch das US-Außenministerium zählte in seinem 2015 vorgelegten Bericht zum Stand der Religionsfreiheit in der Welt Vietnam zu den Staaten, in denen die Religionsfreiheit am meisten verletzt wird. So werden insbesondere staatlich nicht registrierte Glaubensgemeinschaften massiv verfolgt, ihre Vertreter willkürlich eingeschüchtert und inhaftiert. Unter der Verfolgung leiden sowohl buddhistische Organisationen als auch buddhistische Khmer-Krom, Katholiken, protestantische indigene Völker der Hmong oder Degar, Mennoniten, Hoa Hao und Cao Dai.

Mehr als die Hälfte der 93 Millionen Bewohner Vietnams sehen sich als Buddhisten an, Katholiken stellen rund sieben Prozent der Bevölkerung, Protestanten zwei Prozent und Cao Dai drei Prozent.


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