25.10.2017

„Heiliger Vater, bitte setzen Sie sich für die indigene Bevölkerung Chiles ein“

Papst Franziskus gewährt Mapuche aus Chile Audienz (Pressemitteilung)

Der Mapuche Alex Mora (rechts) bei einer GfbV-Aktion für die Rechte der indigenen Mapuche in Berlin 2010. Foto: Katja Wolff für GfbV

Der Mapuche Alex Mora übergibt Papst Franziskus in Rom am heutigen Mittwoch während des Empfangs einer Delegation seines Volkes ein Schreiben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), in dem die Menschenrechtsorganisation den Pontifex eindringlich darum bittet, sich für die Rechte der Mapuche einzusetzen. „Auch nach dem Ende der Pinochet-Diktatur dauert das Leid der Mapuche unvermindert an“, heißt es in dem Schreiben der Menschenrechtsorganisation. „Viele von ihnen mussten aufgrund des Landraubs in die Städte abwandern. Noch immer gibt es Konflikte um enteignetes Mapuche-Land, das heute Forstunternehmen und andere Grundbesitzer nutzen. Die für eine Rückgabe zuständige Behörde Corporación Nacional de Desarrollo Indígena CONADI hat nicht genug finanzielle Mittel für Landrückkauf. Es gibt viele Auseinandersetzungen um Landrechte, die Verhaftungen und Prozesse gegen Mapuche nach sich ziehen. Die Liste politischer Gefangener unter ihnen ist lang.“

Besorgniserregend ist nach Angaben der GfbV-Referentin für indigene Völker, Yvonne Bangert, insbesondere die Verletzung des Grundrechts auf Gleichbehandlung vor Gericht durch die Anwendung des Antiterrorgesetzes (Ley 18.314). Dieses Gesetz stammt aus der Zeit der Diktatur und wird heute nur noch gegen Mapuche genutzt. Es ermöglicht u.a. sehr lange Untersuchungshaft ohne Anklageerhebung und lässt anonyme Zeugenaussagen zu, die von der Verteidigung nicht überprüft werden können. Anwälte von Mapuche berichten über die Behinderung ihrer Arbeit. Viele Häftlinge klagen darüber hinaus, dass sie ihr Recht auf freie Ausübung ihrer traditionellen Religion im Gefängnis nicht wahrnehmen können.

„Der Staat geht häufig mit sehr großer Härte gegen Mapuche vor“, klagte die GfbV. So seien nach dem Tod des Ehepaars Luchsinger McKay Anfang 2013 sofort Mapuche verantwortlich gemacht worden, obwohl es weder Schuldbeweise noch Bekennerschreiben gibt. Das Paar bewirtschaftete Land, auf das Mapuche Anspruch erheben. Unter anderen wurden die beiden Machis (Heiler) Celestino Cordoba und Francisca Linconao wegen Brandstiftung mit Todesfolge angeklagt. Cordoba wurde 2014 zu 18 Jahren Haft verurteilt. Linconao wurde 2013 freigesprochen, 2016 aber erneut wegen des gleichen Vergehens verhaftet und angeklagt. Ein Kronzeuge war aufgetaucht, der aber sehr schnell seine Aussage als unter Drohungen erpresst zurückzog. Der Prozess gegen Machi Linconao ist noch nicht abgeschlossen.

Beide Machis sind in der Haft schwer erkrankt. Machis müssen von anderen traditionellen Heilern mit ihrer eigenen Medizin behandelt werden und Zugang zu ihren Gebetsplätzen außerhalb des Gefängnisses bekommen, weil sie nur dort ihr spirituelles Gleichgewicht wiedererlangen können. Leider bekommen sie oft dafür keine Genehmigung. „Heiliger Vater, wir bitten Sie, setzen Sie sich dafür ein, dass alle inhaftierten Machis ihr Recht auf freie Religionsausübung ungehindert wahrnehmen können“, schrieb die GfbV.