30.09.2015

Menschenrechtsreport Nr. 78: Hindu-Nationalisten bedrohen Religionsfreiheit in Indien

Übergriffe auf Christen und Muslime

Ein Mann läuft auf der Straße vor einer Mauer entlang, auf der eine Moschee, die Hindu-Gottheit Ganesha und Jesus Christus aufgemalt sind. Foto: Mat McDermott via Flickr

In Indien hat die Gewalt gegen Christen und Muslime seit dem Machtantritt des Hindu nationalistischen Premierministers Narendra Modi im Mai 2014 deutlich zugenommen. Mehr als 760 gewalttätige Übergriffe gegen religiöse Minderheiten wie Christen, Muslime, Ahmadiyyah-Muslime und Sikhs wurden zwischen Mai 2014 und September 2015 dokumentiert. Die tatsächliche Zahl der Attacken dürfte deutlich höher sein, da viele Übergriffe insbesondere gegen Muslime nicht detailliert erfasst werden können. Die Mehrheit der Angriffe innerhalb des vergangenen halben Jahres waren gegen Christen gerichtet. Mit Äxten und Eisenstangen wurden Pastoren oder Gläubige vor allem in ländlichen Gebieten angegriffen, um sie aus ihren Dörfern zu vertreiben. In Dutzenden Fällen wurden sie unter Einsatz von Gewalt zum Glaubensübertritt zum Hinduismus gezwungen. So umzingelten rund 600 Hindu-Aktivisten am 19. Juli 2015 in dem Dorf Nakhnool (Bundesstaat Rajasthan) das Haus des Pastors Pratap Singh. Sie zwangen den Pastor und seine Familie, den Hindu-Gott Hanuman anzubeten und sich schriftlich zum Hinduismus zu bekennen.

Schutz können die bedrängten Christen und Muslime von der Polizei nicht erwarten. Im Gegenteil, die Polizisten verhaften meist nicht die Angreifer, sondern die Überfallenen, die sie fälschlich der Missionierung verdächtigen. Meist zerren die Hindu-Extremisten die Angehörigen der Minderheit zur nächsten Polizeistation und verlangen dort ihre Festnahme. Mindestens zwölf Priester und 64 Gemeindemitglieder wurden seit März 2015 wegen ihres Glaubens in Indien festgenommen. Attackiert wurden neben Kirchen aber auch Moscheen, Sikh-Tempel, christliche Schulen, Gebetskreise, Friedhöfe, Begräbnisse und Schreine. In Dutzenden Fällen wurden Christen von Hindu-Extremisten ohne Vorwarnung oder Möglichkeiten der Verteidigung ihres Dorfes verwiesen und ihr Eigentum zerstört oder beschlagnahmt.

Im Menschenrechtsreport der Gesellschaft für bedrohte Völker „Indien: Hindu-Nationalisten bedrohen Religionsfreiheit“ werden 163 Übergriffe auf Christen und Muslime, die zwischen März und September 2015 verübt wurden, dokumentiert. Diese Fälle zeigen eine drastischere  Einschränkung der Glaubensfreiheit in Indien. Zudem belegen die Schicksale, dass Hetzparolen von Hindu-Nationalisten die Gewalt zwischen ganzen Gruppen religiöser Gemeinschaften schüren.

Sie können unseren Menschenrechtsreport "Indien: Hindu-Nationalisten bedrohen Religionsfreiheit" hier herunterladen.

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Headerfoto: Mat McDermott via Flickr