20.06.2025

Iran

Mullah-Regime geht gegen Kurden und Oppositionelle vor

Angesichts der andauernden Eskalation zwischen Israel und dem Iran ist die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in großer Sorge über die wachsende Gefahr neuer Angriffe des Mullah-Regimes auf Kurden im Westen des Landes sowie auf die iranische Opposition. „In den mehrheitlich kurdischen Gebieten hat das Regime seine Truppen verstärkt, insbesondere an der Grenze zu Irakisch-Kurdistan. Zwischen den kurdischen Ortschaften, aber auch innerhalb der Dörfer, wurden vielerorts Checkpoints der Revolutionsgarden und der Armee eingerichtet. Diese werden vom iranischen Regime genutzt, um gegen Kurden und Oppositionelle vorzugehen“, berichtete der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido heute in Göttingen. Das Regime befürchtet, dass die Kurden ihren seit Jahren geführten Kampf für Demokratie und Selbstbestimmung nun intensivieren könnten.

Nach Informationen der GfbV-Partnerorganisation „Hengaw“ wurden landesweit mindestens 150 Anklagen gemeldet. Die Anklagebegründungen reichen von „Spionage für Israel“ und „Störung der öffentlichen Meinung“ über „Medienunterstützung für Israel“ und „Schüren von Unruhen“ bis hin zu „Sicherheitskooperation mit dem Feind“, „Besitz von Sprengstoff oder Drohnen“ und „Beleidigung der Märtyrer“. Betroffen sind demnach Menschen in den Provinzen und Städten Ardabil, Baneh, Fashafouyeh, Golestan, Hormozgan, Ilam, Isfahan, Kerman, Lali, Lorestan, Mazandaran, Savojbolagh, Semnan, Shahrekord und in der Hauptstadt Teheran.

Hinsichtlich der aus den westlichen NATO-Ländern laut werdenden Forderungen nach einer Militärintervention, um das Regime zu stürzen, mahnt die GfbV zur Vorsicht. „Die iranische Bevölkerung wünscht sich zwar die Abschaffung der Diktatur, hat aber gleichzeitig Angst vor Chaos, einem langjährigen Bürgerkrieg und dem Austausch des Mullah-Regimes durch eine andere Diktatur. Um einen demokratischen Wandel zu unterstützen, sollten westliche Staaten demokratischen Oppositionsgruppen und Minderheiten wie den Kurden im Iran zur Seite stehen. Militärische Interventionen ohne ein klares Konzept für die Demokratisierung und die Schaffung föderaler Strukturen haben weder in Afghanistan noch in Syrien zu mehr Freiheiten für alle Menschen geführt“, mahnt der Menschenrechtler. Wichtig sei, dass es ein klares, realistisches Konzept der Opposition für die Zeit nach dem Mullah-Regime gebe, um Ängsten und Unsicherheit in der Bevölkerung entgegenzuwirken.

Die NATO-Regierungen sollten laut dem Nahostexperten insbesondere auf ihren Partner Türkei einwirken, der wie im Falle Syriens, der Ukraine und des israelisch-arabischen Konflikts auch im Iran versuche, eigene Interessen durchzusetzen. „Viele Kurden vermuten, dass die Türkei im Iran dasselbe Ziel verfolgt wie in Syrien: Kurden daran zu hindern, Autonomie zu erlangen. Die Türkei verurteilt zwar öffentlich die israelischen Angriffe auf den Iran, schmiedet aber gleichzeitig Pläne, um sich militärisch einzumischen“, so die Einschätzung des Nahostexperten. „Die Türkei muss daran gehindert werden, im Iran mithilfe radikaler Kräfte einen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung zu führen. Ein solches Eingreifen würden das Leben des Regimes im Iran nur verlängern und Hass sowie Feindseligkeiten unter den Menschen und Völkern des Iran schüren“, mahnt Dr. Sido.

Von den rund 90 Millionen Menschen im Iran sind mindestens elf Millionen Kurden. Sie stellen nicht nur in der offiziellen Provinz Kurdistan, sondern auch in einigen anderen westlichen Provinzen des Landes die Mehrheit. Ihre Heimat bezeichnen sie als „Ost-Kurdistan“. Gegenüber dem seit dem Sturz des Schahs regierenden schiitischen Mullah-Regime herrscht großes Misstrauen. Die Mullahs hatten der kurdischen und anderen Volksgruppen Demokratie und Autonomie versprochen. Dieses Versprechen haben sie jedoch nicht eingelöst. Demokratie und Föderalismus sind daher nach wie vor die Hauptforderungen der Kurden im Iran. Die Kurden sind in einigen Parteien organisiert und verfügen über bewaffnete Verbände.