21.11.2011

Ismet Chérif Vanly - Ein Nachruf

© GfbV

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) trauert um den Demokraten, Wissenschaftler und Mitglied ihres Beirats, Ismet Chérif Vanly (Wanly). Er starb am 9. November 2011 gegen 04:00 Uhr, einige Tage vor seinem 87. Geburtstag, in seinem Haus in Lausanne.

Ende der 70-er Jahre, als in Deutschland noch sehr wenig über die Unterdrückung der Kurden, ihren Widerstand und ihr Ringen um Selbstbestimmung bekannt war, arbeitete Vanly eng mit der GfbV zusammen bei der Erarbeitung des dreibändigen Werkes „Kurdistan und die Kurden - pogrom Reihe bedrohte Völker“. In diesen Büchern wurde detailliert dargestellt, warum die Kurden bis dahin in keiner Form die nationale Selbstbestimmung verwirklichen konnten.

Vanly wurde am 21. November 1924 geboren. Seine Eltern waren Kurden aus Türkisch-Kurdistan - sein Vater stammte aus Van, seine Mutter aus Diyarbakir -, die in Syrien ansässig geworden waren. Ismet Chérif Vanly besuchte im kurdischen Viertel von Damaskus eine im 12. Jahrhundert von Prinzessin Rabio Khatun, einer Schwester Saladins, gestiftete Grundschule. Später ging er im Libanon zur Schule.

In Frankreich, den U.S.A. und der Schweiz studierte Vanly Jura und Philosophie, promovierte in Rechtswissenschaften an der Universität Lausanne und erhielt an der Universität in Genf später seinen Magister in Geschichte. In Politik- und Sozialwissenschaften habilitierte sich der Wissenschaftler. Er sprach unter anderem Französisch, Englisch, Arabisch und Kurdisch.

Auch als er eine wichtige Rolle in der nationalen Befreiungsbewegung seines Volkes auszufüllen hatte, führte er seine Forschungen zur kurdischen Geschichte fort. Er war Präsident der Vereinigung der kurdischen Studenten in Europa (KSSE) und später des Komitees für Kurdologie an der Sorbonne. Seine Doktorarbeit über die politischen Bewegungen der Kurden verfasste er nach zahlreichen Reisen in die kurdischen Regionen im Irak und Iran.

Er gab sein Lehramt an der Universität auf, um sich in den Dienst des Aufstandes der Kurden im Irak1961 - 1975 zu stellen, deren Delegierter im Ausland und Sprecher General Mustafa Barzanis er bis 1975 blieb. Er war ebenfalls Mitglied des Komitees für die Rechte der Kurden in Europa 1963 hatte das Baath-Regime in Syrien die Todesstrafe über Vanly verhängt.

In der Organisation der „Kurdischen Juristen in Europa“, die Vanly 1985 in der Schweiz gründete, gehörte er zum Vorstand. Zehn Jahre später wurde er Vorsitzender des "Kurdischen Institutes in Berlin". Zeitgleich trat er dem "Kurdischen Parlament im Exil" (PKDW) bei, das 1999 in den "Kurdistan Nationalkongress" (KNK) umbenannt wurde. Vier Jahre später, im Jahr 2003, ließ der gesundheitliche Zustand des Demokraten keine weiteren politischen Aktivitäten zu.

Patriot und Demokrat, geachtet vom kurdischen Volk in ganz Kurdistan, bemühte sich I.C. Vanly geduldig, die Einheit der kurdischen Bewegung auf der Grundlage des Prinzips der Selbstbestimmung wiederherzustellen, ohne dabei jemals seine allererste Passion aufzugeben: Den Kurden und anderen Minderheiten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen durch den fortwährenden Versuch, ihre Vergangenheit und ihren Anteil an der Errichtung der zivilen Gesellschaft des Nahen Ostens aufzuhellen.