07.12.2015

Tschetschenien: Russische Menschenrechtler zusammengeschlagen

Igor Kalyapin in großer Gefahr! (News)

Der russische Menschenrechtler Igor Kalyapin wurde am Mittwochabend in Grosny zusammengeschlagen. © Nastia Moskvychova via Twitter

Der russische Menschenrechtsverteidiger, Leiter des „Komitees gegen Folter“ und Koordinator der „Gemeinsamen mobilen Gruppe“, Igor Kalyapin, ist am Mittwochabend vor dem Hotel „Grosny City“ in Grosny zusammengeschlagen worden. Nur wenige Tage zuvor wurde ein Kleinbus der „Gemeinsamen Mobilen Gruppe“, eines Zusammenschlusses von Menschenrechtsorganisationen, die regelmäßig in Tschetschenien Opfern von Menschenrechtsverletzungen hilft, auf dem Weg von Inguschetien nach Tschetschenien auf freier Strecke angehalten. Die Insassen, sieben russische Menschenrechtler, ein Journalist aus Norwegen und eine Journalistin aus Schweden, wurden aus dem Wagen gezerrt und zusammengeschlagen, ihre Handys und Computer geraubt. Dann wurde der Kleinbus angezündet. Vier Personen mussten in Krankenhäusern behandelt werden.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) verurteilt diese gewaltsamen Übergriffe auf Menschenrechtsverteidiger im Nordkaukasus auf das Schärfste. Unsere Menschenrechtsorganisation hat sowohl die neue Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung als auch die zuständigen UN-Stellen informiert und aufgefordert, sofort um Schutz für Igor Kalyapin und seine Mitarbeiter nachzusuchen sowie die Aufklärung der Vorfälle zu fordern. Die Täter müssen bestraft werden.

Nach Einschätzung der GfbV schwebt Kalyapin in akuter Lebensgefahr und nur eine angemessene internationale Reaktion auf diesen beschämenden Angriff am gestrigen Abend wird helfen können, ihn zu schützen. Denn er ist in der Vergangenheit von dem tschetschenischen Autokraten Ramzan Kadyrow immer wieder namentlich beschimpft und sogar für die Finanzierung von Terroristen in Tschetschenien verantwortlich gemacht worden. Kalyapin blickt auf eine lange Geschichte der Schikane zurück: 2015 wurde sein „Komitee gegen Folter“ auf die Liste der „ausländischen Agenten“ gesetzt. Am 3. Juli 2015 wurde das Büro der Organisation nach einer Demonstration gegen die NGO in Brand gesetzt. Die Feuerwehr schritt nicht ein. Zwei Rechtsanwälte, die für das Komitee arbeiteten, wurden zu Polizeiverhören mitgenommen und dann ausgewiesen.

Vor diesem Hintergrund ist es nach Auffassung der GfbV besonders zynisch, dass der Kreml entschieden hat, Kadyrow eine weitere Amtszeit absolvieren zu lassen, anstatt am 5. April eine neue Person an die Spitze Tschetscheniens zu berufen. Kadyrow hat sich gerade in den vergangenen Monaten massiv gegen Menschenrechtsverteidiger, Oppositionspolitiker und Demokraten in Stellung gebracht. Im Januar veröffentlichte er ein Bild von sich mit seinem aggressiven Hund mit dem Kommentar: „Tarzans Zähne sind wild darauf die (Oppositionsführer) anzugreifen.“ Demokraten bezeichnete er als „Schakale“, die in Tschetschenien in die Psychiatrie müssten. Anfang Februar hatte er ein Video, das den Oppositionspolitiker Michail Kasjanow in Straßburg zeigt, mit einem Fadenkreuz überblendet.


Header Foto: © Nastia Moskvychova via Twitter