19.03.2018

Kamerun: Entführungswelle schürt Angst vor Bürgerkrieg

GfbV fordert politischen Dialog und Respekt von Menschenrechten (Pressemitteilung)

Biya begreift die tiefgreifende Krise nur als Sicherheitsproblem und nicht als politischen Konflikt, der auch nur mit politischem Dialog zu lösen ist. Foto: Paulo Filgueiras via UN Photo

Nach einer Welle von Entführungen und Angriffen auf Schulen hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor einer weiteren Eskalation der Krise um die Zukunft der anglophonen Regionen im überwiegend französischsprachigen Kamerun gewarnt. „Es gibt keine Alternative zum Dialog und Respekt von Menschenrechten, um die Krise in Kamerun zu lösen. Dringend müssen die Bemühungen um Vermittlung und Deeskalation verstärkt werden, um einen Bürgerkrieg zu verhindern“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Montag in Göttingen.

Am letzten Samstag hatte der Konflikt mit der Entführung von 36 Passagieren eines Busses durch bewaffnete anglophone Kämpfer einen neuen Höhepunkt erreicht. Zwar wurden einige Entführte inzwischen wieder freigelassen, doch die Geiselnehmer fordern eine hohe Lösegeldsumme für die Freilassung des bei dem Überfall verschleppten Direktors des anglophonen Schul-Prüfungsamtes Ivo Leke Tambo. Der 67 Jahre Universitätsdozent gilt als bislang hochrangigstes Opfer der Entführungswelle von Repräsentanten des Staates, die seit Januar 2018 von Kämpfern anglophoner Sezessionsbewegungen vorangetrieben wird.

Nachdrücklich verlangte die Menschenrechtsorganisation Informationen über das Schicksal von 47 inhaftierten mutmaßlichen Anhängern anglophoner Sezessionsbewegungen. Sie waren nach ihrer Flucht nach Nigeria den Behörden des Kamerun völkerrechtswidrig übergeben worden. Seit Monaten fehlt jedes Lebenszeichen von den Verhafteten. Von den bewaffneten Rebellen forderte die GfbV ein Ende der Angriffe auf Schulen, die die Zivilbevölkerung tief verunsichern. Mindestens 33.000 Menschen sind vor der Gewalt seit Herbst 2017 in das benachbarte Nigeria geflohen.

Vergeblich forderten auch die katholischen Bischöfe des Landes einen Dialog zwischen den Konfliktparteien. „Wenig deutet auf einen politischen Willen der Regierung zur Entspannung in den Unruhegebieten hin“, erklärte Delius.  So bekräftigte Staatspräsident Paul Biya in einer Kabinettssitzung am letzten Donnerstag, mit dem Einsatz von Armee und Polizei Recht und Ordnung in den beiden anglophonen Provinzen durchsetzen zu wollen. Statt in die Unruheregionen zu reisen, begibt er sich nun auf eine Auslandsreise nach China. „Biya begreift die tiefgreifende Krise nur als Sicherheitsproblem und nicht als politischen Konflikt, der auch nur mit politischem Dialog zu lösen ist“, erklärte Delius. Die rund 20 Prozent der Bevölkerung stellende anglophone Minderheit fühlt sich seit Jahrzehnten benachteiligt und will mehr Autonomie. Radikalere Forderungen reichen bis zur Ausrufung eines unabhängigen Staates Ambazonien. „Doch mit Waffengewalt lässt sich diese Krise nicht lösen“, warnte Delius.

Header Photo: Paulo Filgueiras via UN Photo