01.10.2018

Kamerun: Zivilbevölkerung muss besser vor Gewalt geschützt werden

Massenexodus gefährdet Glaubwürdigkeit von Wahlen (Pressemitteilung)

Paul Biya, der Staatspräsident spielt seit Monaten den eskalierenden Bürgerkrieg herunter und erweckt den Anschein von Normalität in den anglophonen Regionen. Bild: UN Photo/Marco Castro via Flickr CC BY-NC-ND 2.0

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat den Konfliktparteien im Bürgerkrieg in den Minderheiten-Regionen Kameruns mangelnden Respekt und Schutz der Zivilbevölkerung vorgeworfen. „Ein Jahr nach der Erklärung der Unabhängigkeit der englischsprachigen Provinzen erleben wir einen Massenexodus der anglophonen Minderheit, die vor dem eskalierenden Bürgerkrieg flüchtet. Dringend muss die internationale Staatengemeinschaft mehr für eine politische Lösung des Konflikts tun und einen wirksameren Schutz der Zivilbevölkerung einfordern“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Montag in Göttingen. Mindestens 276.000 Menschen seien vor der Gewalt bereits geflohen. Nachdrücklich forderte die Menschenrechtsorganisation die Behörden des Kamerun auf, Zivilisten nicht mit Rücksicht auf die Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober 2018 an der Flucht zu hindern.

Befürworter der Unabhängigkeit der seit Jahrzehnten unter Marginalisierung leidenden Regionen hatten am 1. Oktober 2017 symbolisch den neuen Staat „Ambazonien“ ausgerufen. Aus Angst vor Protesten von Befürwortern der Unabhängigkeit haben die Behörden gestern einen zweitägigen Ausnahmezustand in den englischsprachigen Gebieten verhängt.     

Die Massenflucht ist problematisch für den 85jährigen Staatspräsidenten Paul Biya, der am 7.Oktober 2018 von den Wählerinnen und Wähler erneut in seinem Amt bestätigt werden möchte, um seine siebte Amtsperiode anzutreten. Biya spielt seit Monaten den eskalierenden Bürgerkrieg herunter und erweckt den Anschein von Normalität in den anglophonen Regionen. Die für einen unabhängigen Staat Ambazonien kämpfenden Aufständischen wollen hingegen zeigen, dass glaubwürdige freie und unabhängige demokratische Wahlen in den umkämpften Gebieten nicht möglich sind.

„Der Massenexodus ist ein klares Signal, dass die Zivilbevölkerung keine Perspektive für ein Ende der Menschenrechtsverletzungen sieht“, sagte Delius. So flohen bereits 246.000 Menschen aus den zwei anglophonen Regionen im Nord- und Südwesten Kameruns in andere Landesteile, weitere 30.000 Menschen suchten im Nachbarland Nigeria Zuflucht. „Der Schutz der Zivilisten muss im Vordergrund stehen. Sie dürfen nicht willkürlich mit immer neuen Auflagen und Restriktionen an der Flucht gehindert werden“, forderte Delius. So hinderten im Südwesten des Landes seit Mitte September 2018 oft Soldaten unter Einsatz von Waffengewalt Zivilisten an der Flucht. Auch werden Straßensperren genutzt, um den Massenexodus einzudämmen. In den anglophonen Regionen im Nordwesten Kameruns ordneten die Behörden an, die Flüchtenden dürften die Kontrollpunkte nur passieren, wenn sie eine Adresse von Personen angeben könnten, zu denen sie fliehen.      

 Headerbild: UN Photo/Marco Castro via Flickr