20.09.2017

Katalonien: Streit um Unabhängigkeitsreferendum eskaliert

Kritik an Kriminalisierung von Katalanen – Europäische Union soll Dialog fördern (Pressemitteilung)

Die von der Regierung in Madrid betriebene Kampagne der Kriminalisierung schürt nur neue Spannungen und droht Spanien an den Rand eines Bürgerkrieges zu bringen. Foto: Lolo Manolo via Flickr

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker appelliert, in Spanien zwischen den Konfliktparteien im Streit um das geplante Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien zu vermitteln. Scharf kritisierte die Menschenrechtsorganisation die  von der spanischen Regierung veranlasste Kriminalisierung von Unabhängigkeitsbefürwortern. „Die von der Regierung in Madrid betriebene Kampagne der Kriminalisierung schürt nur neue Spannungen und droht Spanien an den Rand eines Bürgerkrieges  zu bringen. Wenn Repression vor Dialog geht, stimmt etwas mit  Spaniens Demokratie nicht“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen.

„Auch Spaniens Regierung muss sich endlich ihrer Verantwortung für die Eskalation des Konflikts stellen. Hätte die Regierung in Madrid nicht seit anderthalb Jahrzehnten eine Reform des katalanischen Autonomie-Statuts verhindert, würde es das Unabhängigkeitsreferendum nicht geben“, sagte Delius.

Nachdrücklich warnte die GfbV davor, den eskalierenden Konflikt nur als inner-spanische Angelegenheit zu betrachten. „Sollten die Verhaftungen von Anhängern der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung weiter zunehmen, könnten schon bald Katalanen im benachbarten Frankreich um Schutz und Aufnahme bitten. Spätestens dann wäre der Konflikt so internationalisiert, dass ihn die EU nicht länger ignorieren kann“, erklärte Delius.

Spanien müsse sich nach seiner Mitverantwortung dafür fragen, warum innerhalb der letzten sieben Jahre der Anteil der Unabhängigkeitsbefürworter unter den Katalanen von 15 auf 40 Prozent gestiegen ist. „Diese drastische Zunahme der Zahl der nach staatlicher Unabhängigkeit strebenden Katalanen ist eine direkte Folge der Blockadepolitik der spanischen Regierung, die jede vernünftige und gemäßigte Reform des bestehenden Autonomie-Statuts kategorisch abgelehnt und verhindert hat“, erklärte Delius. So ließ die in Madrid  regierende konservative Volkspartei 14 von 226 Artikeln des Autonomie-Statuts im Jahr 2010 für verfassungswidrig und ungültig erklären.

Heute untersuchte die spanische Polizei den Regierungssitz Kataloniens. Mindestens zwölf Menschen wurden dabei von der Militärpolizei festgenommen. Zuvor hatte die Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen gegen 700 katalanische Bürgermeister eingeleitet, die das für den 1. Oktober 2017 geplante Unabhängigkeitsreferendum unterstützen.

Header Foto: Lolo Manolo via Flickr