24.09.2018

Kein Blankoscheck für Präsident Erdogan

Neustart muss an Bedingungen geknüpft werden - Menschenrechte müssen Leitmotto sein (Pressemitteilung)

Der türkische Präsident Erdogan darf keinen Blankoscheck erhalten, da Minderheiten- und Menschenrechte noch immer nicht durchgesetzt werden. Mindestens 7.000 politische Gefangene sollen noch immer in Haft sein. Bild: unaoc via Flickr CC BY-NC-ND 2.0

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat gefordert, dass Menschenrechte zur Leitschnur der Deutsch-Türkischen Beziehungen werden müssen, wenn die Bundesregierung auf das Angebot Präsident Erdogans eingeht, einen „Neustart“ in den beiderseitigen Beziehungen zu versuchen. „Es darf keinen Blankoscheck für Präsident Erdogan geben“, erklärte der Türkei-Experte der GfbV, Kamal Sido, am Montag in Göttingen. Denn ein solcher Scheck wäre ungedeckt, da Erdogan seit langem die Menschen in der Türkei und der Europäischen Union (EU) mit leeren Versprechungen in Sachen Menschenrechten hinhalte und täusche. Die Freilassung aller politischen Gefangenen, die Garantie grundlegender Bürgerrechte und die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Kurden müssten Grundbedingungen für eine Annäherung an Ankara sein.  

Seit dem Putschversuch im Juli 2015 sind nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 350.000 Menschen, meist Kurden, aus ihrer Heimat vertrieben worden. Sicherheitskräfte töteten 321 Zivilisten, darunter 79 Kinder und 71 Frauen, und zerstörten viele Häuser. Etwa 15.000 Mitglieder der pro-kurdischen HDP-Partei, leitende Angestellte, Bürgermeister und Stadträte wurden festgenommen, mindestens 7.000 dieser Personen sollen noch immer in Haft sein. Mehr als 120.000 Beamte, Staatsanwälte und Richter wurden entlassen, darunter viele Akademiker, die einen Friedensaufruf unterzeichnet hatten.

Wer Menschen- und Minderheitenrechte in der Türkei, aber auch im Irak und in Syrien mit Füßen tritt, darf von Deutschland und der EU nicht unterstützt werden, fordert die Menschenrechtsorganisation. Nach Angaben der GfbV haben die türkische Armee und die von ihr geförderten syrischen islamistischen Gruppen seit Januar 2018 mindestens 300.000 Kurden, Yeziden, Aleviten und Christen aus der syrisch-kurdischen Region Afrin vertrieben, mindestens 3.000 Kurden verhaftet und zehntausende radikale Islamisten in Afrin angesiedelt. Der vollständige Abzug der türkischen Truppen aus Afrin müsste eine Bedingung für einen Neustart in der Deutsch-Türkischen Beziehungen sein, verlangte Sido.

Ferner sollte die Türkei sich verpflichten, das Völkerrecht zu respektieren. So sollte das türkische Militär seine Angriffe auf kurdische, yezidische und christliche Dörfer auf dem Territorium des Nachbarlandes Irak einstellen.

Headerbild: unaoc via Flickr