06.01.2012

Kein Platz für Menschenrechte: China zeigt in Köln nur seine „Schokoladenseite“ – Wirtschaftsförderung hat Vorrang

Eröffnung des China-Jahres 2012 (11.1.)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) wirft der Stadt Köln vor, bei ihren Feiern zum „China-Jahr 2012“ der Wirtschaftsförderung Vorrang vor Menschenrechten zu geben. „Bei den geplanten Veranstaltungen mit kulturellem Schwerpunkt wird nur die „Schokoladenseite“ Chinas gezeigt, das Schicksal des inhaftierten Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, des von den Behörden mundtot gemachten Künstlers Ai Weiwei und Dutzender verfolgter Schriftsteller, Menschenrechtsanwälte, Bittsteller und bedrängter Angehöriger ethnischer Minderheiten ist Köln nur eine Randnotiz wert“, kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Bezeichnenderweise organisiere das Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Köln die Frühlingsfestgala am 11. Januar als Auftaktveranstaltung der Feiern.

Nur eine der zurzeit im Rahmen des China Jahres geplanten 48 Veranstaltungen beschäftigt sich mit der kritischen Lage chinesischer Intellektueller. „Das ist eindeutig zu wenig, um den Kölnerinnen und Kölner ein realistisches Bild vom Leben der Menschen in ihrer Partnerstadt Peking zu vermitteln“, erklärte Delius. „Denn Pekinger Alltag ist auch, dass die Frau von Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo seit mehr als einem Jahr unter Hausarrest steht, dass jede Woche Menschenrechtler zu Haftstrafen verurteilt und Bittsteller von Polizisten zusammengeschlagen werden, nur weil sie für die Achtung ihrer Rechte eintreten.“ Während der Weihnachtsfeiertage wurden in Peking drei führende Menschenrechtler zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt, weil Chinas Machthaber hofften, dass die Willkürurteile im Ausland während der Feiertage kaum wahrgenommen würden.

Köln feiert sein China-Jahr im Rahmen des Chinesischen Kulturjahres in Deutschland, das 2012 auf Anregung der chinesischen Regierung in der Bundesrepublik mit zahlreichen Veranstaltungen begangen wird. „Dass China ein Vielvölkerstaat ist und Chinas Regierung systematisch die Kultur von Tibetern, Uiguren und Mongolen missachtet und zerstört, wird von den Kölner Organisatoren ignoriert“, sagte der Menschenrechtler. „Dabei lebt einer der weltweit bekanntesten Sprecher der Mongolen im Exil seit vielen Jahren in der Domstadt.“

Statt nur über die Chancen Kölner Architekten und Bauzulieferer in Chinas Bauboom zu informieren, wäre es nach Auffassung der GfbV interessant gewesen, mehr über die schwierigen Bemühungen chinesischer Denkmalschutz-Vereine bei der Erhaltung der durch Immobilienspekulation bedrohten Pekinger Altstadt zu erfahren. Allein 2011 wurden in China 44.000 Kulturdenkmäler aufgrund des Wirtschaftsbooms zerstört. Auch das willkürliche Niederreißen der alten uigurischen Karawanenstadt Kashgar durch Bulldozer ist kein Thema im Kulturjahr, kritisiert die Menschenrechtsorganisation. Stattdessen werden Wirtschaftsforen organisiert, um die Kooperation zu vertiefen, und Chinas Generalkonsulat ein Forum zur unkritischen Imagewerbung gegeben.