09.11.2020

Krieg in Bergkarabach

Über die Hälfte der Zivilbevölkerung vertrieben (Pressemitteilung)

Nach dem Scheitern aller Bemühungen um Waffenruhe in Bergkarabach fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine Beobachtung der Situation durch internationale Organisationen. Der verbreitete Einsatz verbotener Kampfmittel wie Streubomben und Phosphor-Munition mache diese Präsenz erforderlich. Zudem seien zahlreiche zivile Einrichtungen beschossen worden, darunter Wohnviertel, Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser. Nahe der Bezirkshauptstadt Martuni brennen ökologisch wertvolle Wälder. „Die aserbaidschanische Offensive hat bereits mehr als die Hälfte der Zivilbevölkerung aus der Region vertrieben“, berichtet Südkaukasus-Expertin Dr. Tessa Hofmann am heutigen Montag in Berlin.  „Wenn es den Angreifern gelingt, die strategisch wichtige Stadt Schuschi einzunehmen, werden diese Menschen wohl nicht zurückkehren können und weitere werden fliehen.“ Vor den aserbaidschanischen Angriffen lebten etwa 150.000 Menschen in Bergkarabach.

Der heutige Montag gilt in Aserbaidschan als „Tag der Flagge“. Zu diesem psychologisch und propagandistisch wichtigen Datum hat Aserbaidschans Staatschef Ilham Aliyev angekündigt, die Flagge seines Landes in der Hauptstadt Bergkarabachs hissen zu wollen. „Türkische und aserbaidschanische Medien verbreiten seit einigen Tagen vermeintliche Siegesmeldungen“, so Hofmann. „Sie sollen die Menschen in Bergkarabach verzweifeln lassen und gleichzeitig die eigene Bevölkerung bei der Stange halten.“ Einige dieser Fake-News seien sogar in deutschen Medien verbreitet worden. 

Der neuerliche Krieg in der seit langem umstrittenen Gebirgsregion war Ende September offen aufgeflammt. Nach Angaben der russischen Regierung, die sich mehrfach vergeblich um einen Waffenstillstand bemüht hatte, sind seitdem über 5.000 Menschen getötet worden. Im Auftrag der Türkei kämpfen tausende syrische Söldner auf der Seite Aserbaidschans.