23.12.2019

Krim-Frage bei Gesprächen mit Russland nicht aussparen

Katastrophale Menschenrechtslage auf der Krim (Pressemitteilung)

Headerbild: Nathernoj via Flickr (CC BY-NC 2.0)

--- Göttingen, den 23. Dezember 2019 ---- Angesichts russischer Menschenrechtsverletzungen auf der völkerrechtswidrig besetzten Halbinsel Krim hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) davor gewarnt, bei Gesprächen mit Russland die Krim-Frage auszusparen. "Wenn nun NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg Interesse an Gesprächen mit der russischen Führung zeigt, darf nicht erneut die Krim-Frage ignoriert werden. Denn Gedächtnisverlust heilt keine schwersten Menschenrechtsverletzungen", erklärte GfbV-Direktor Ulrich Delius am Montag in Göttingen. Bei den Ukraine-Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Paris am 9. Dezember 2019 war die Krim-Frage nicht erörtert worden, obwohl sich die Menschenrechtslage auf der Krim weiter verschlechtert hat. 

Mindestens 88 Personen sind aus politischen Gründen auf der Halbinsel inhaftiert, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Russland fördere die Besetzung durch eine Gleichschaltung und massive Kontrolle der Justiz, Gesellschaft und Wirtschaft. Systematisch würden Krimtataren demokratische Grundrechte vorenthalten. "Die heutige Eröffnung einer Eisenbahnverbindung mit der Russischen Föderation verschärft die völkerrechtswidrige Besetzung, weil es die Anbindung an Russland verstärkt", erklärte Delius.   

So werde die neue Eisenbahnverbindung den Zuzug von Menschen aus der Russischen Föderation weiter erleichtern. Seit Beginn der Besetzung vor fünf Jahren wanderten bereits gemäß offizieller russischer Bevölkerungsstatistiken rund 160.000 Menschen aus Russland auf die Halbinsel ein. Dies sei eine gravierende Verletzung des Völkerrechts, da Artikel 49 der Genfer Konvention zum Schutz von Zivilisten im Krieg die Ansiedlung und den Austausch von Bevölkerungsgruppen in besetzten Gebieten ausdrücklich untersagt. 

Willkürliche Hausdurchsuchungen und Festnahmen seien auf der Krim alltäglich, berichtete die Menschenrechtsorganisation. im Jahr 2019 seien 40 Personen wegen angeblicher anti-russischer Aktivitäten festgenommen worden und warteten nun in Haft auf ihr Gerichtsverfahren. So wurden 27 krimtatarische Muslime bei der Durchsuchung von Wohnungen und Häusern am 27. März 2019 festgenommen. Sie werden beschuldigt, islamistischen Gruppen nahezustehen, und ihnen drohen wegen Terrorismus-Anklagen langjährige Haftstrafen. Sie selbst bezeichnen sich als unschuldig und sehen sich nur wegen ihres Glaubens und Engagements gegen die russische Besetzung als verfolgt an. Im November 2019 wurden zwei der Beschuldigten zu 18  beziehungsweise 19 Jahren Gefängnis verurteilt, weitere vier Beschuldigte erhielten Haftstrafen zwischen 7 und 12 Jahren. 

Weitere 11 Personen werden vom Russischen Geheimdienst der Spionage und "subversiver Aktivitäten" beschuldigt. Unter Folter wurden von ihnen angebliche "Geständnisse" erpresst, um sie vor Gericht stellen zu können.