21.08.2015

Krim: Haftverkürzung für stellvertretenden Vorsitzenden des Krimtatarischen Medschlis wurde aufgehoben

Gericht in Simferopol annullierte die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Krim (News)

© Flickr/cat_collector

Für den Krimtataren Achtem Chijgoz spielt sich momentan ein juristischer Nervenkrieg ab: Nachdem das Oberste Gericht der Krim am 10. August beschlossen hatte, dass seine Haft am 19. August enden sollte, hat ein untergeordnetes Gericht in Simferopol die Haftverkürzung rückgängig gemacht. Es folgte dem Antrag der Strafverfolgungsbehörden, den stellvertretenden Vorsitzenden des krimtatarischen Medschlis weiterhin inhaftiert zu lassen. Chijgoz muss nun mindestens bis zum 19. November 2015 im Gefängnis bleiben. Die Tatsache, dass ein untergeordnetes Gericht die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs einfach aufhebt, ist nicht der einzige absurde Aspekt in diesem Fall. Chijgoz war am 29. Januar 2015 inhaftiert worden. Seine Haft wurde seitdem bereits vier Mal verlängert. Zudem sind die Anklagepunkte auch nach russischem Recht nicht haltbar: Der krimtatarische Anführer wurde wegen der Teilnahme an einer Demonstration am 26. Februar 2014 festgenommen. Am Tag vor der Übernahme durch russische Soldaten protestierten tausende Krimtataren und Maidan-Aktivisten vor dem Regierungsgebäude in Simferopol, da sie befürchteten, dass der Status der Krim geändert werden könnte. Die Führung des Medschlis war vor Ort, um die Demonstranten immer wieder zur Ruhe aufzurufen.

Nun wird Achtem Chijgoz seit fast acht Monaten wegen dieser Demonstration festgehalten, die vor der Annexion stattfand und somit nicht unter russische Rechtsprechung fallen dürfte. Chijgoz selbst sieht den juristischen Nervenkrieg politisch motiviert: Nachdem für die zwei wichtigsten Politiker der Krimtataren, Mustafa Dschmilew und Refat Tschubarow, und elf weitere Mitglieder des Medschlis Einreiseverbot auf die Krim verhängt wurde, ist Chijgoz der letzte Repräsentant der Krimtataren, der noch auf der Krim ansässig ist. Seine Verhaftung sieht er deswegen als Bestrafung, seine Heimat nicht zu verlassen. In einer Gerichtsanhörung äußerte er sich dazu:

„Ich habe eine Familie, Kinder und Eltern hier. Mein Vater ist 78, meine Mutter 74. Wir sind nicht in unser Heimatland zurückgekommen, um jetzt wieder in fremdem Ländern umher zu ziehen. Ich habe deswegen nicht den Wunsch, mein Heimatland aufzugeben. Vielleicht ist es das, was Ihre Entscheidung beeinflusst hat, mich zu isolieren. Ich wurde nicht nur verhaftet, ich wurde isoliert. Seit über einem halben Jahr wurde mir jegliche Möglichkeit genommen, meinen Sohn und meine Eltern zu sehen… Ob ich dazu bestimmt, zu leben oder zu sterben: Es wird in meinem Heimatland passieren. Ich werde mein Heimatland nicht verlassen.“


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