06.06.2016

Memorandum: Die aktuelle Menschenrechtssituation in Tschetschenien

Die Menschenrechtslage im Nordkaukasus hat sich seit 2015 verschlechtert

Bei internationalen Gesprächen spielt die Situation in Tschetschenien keine Rolle mehr, auch daher herrscht weitgehende Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen in der nordkaukasischen Republik.

Um Tschetschenien ist es still geworden. Nur selten berichten auch deutsche Medien über Anschläge oder die jüngsten Aktivitäten des Oberhauptes der Republik, Ramzan Kadyrow. Doch diese Stille spiegelt nicht die Situation vor Ort wieder. Es ist Kadyrow gut gelungen, Tschetschenien zu isolieren, die Bevölkerung so stark einzuschüchtern, dass wenig Kritik nach außen gelangt. Kadyrow inszeniert in Tschetschenien Massendemonstrationen, die oftmals nur dem Zweck dienen, ihn selbst zu stärken. Doch die Menschenrechtslage im Nordkaukasus und besonders in Tschetschenien hat sich 2015 und 2016 verschlechtert.

Um seine Macht zu erhalten und auszubauen, die Gesellschaft in Angst und Schrecken zu halten, bediente sich Kadyrow 2014 und 2015 schlimmer Methoden: Er setzte auf Sippenhaftungen von Angehörigen mutmaßlicher Terroristen, auf die Verfolgung und Unterdrückung von Menschenrechtsverteidigern und seit Beginn des Jahres 2016 auch auf öffentliche Demütigung. Es ist dem Machthaber in Grosny dadurch gelungen, einen quasi unabhängigen Status zu erlangen und er baut diese Macht immer stärker aus, indem er sich in die russische Innen-und sogar Außenpolitik einmischt. Die Zustände in Tschetschenien selbst geraten dabei leicht aus dem Blick genauso wie die Opfer von Menschenrechtsverletzungen und eine Bevölkerung, die in ständiger Angst vor Denunziation, willkürlicher Gewalt und plötzlichen Bedrohungen in einem zutiefst korrupten System lebt.

Bei internationalen Gesprächen spielt die Situation in Tschetschenien keine Rolle mehr, auch daher herrscht weitgehende Straflosigkeit für die Menschenrechtsverletzungen. Nur eine viel stärkere internationale Wahrnehmung und Aufmerksamkeit für die Situation im gesamten Nordkaukasus und in Tschetschenien selbst, könnten auch die russische Führung dazu bewegen, sich mit Kadyrow auseinanderzusetzen. Doch dazu gibt es keinen politischen Willen. Daher fordert die GfbV von der Bundesregierung, sich immer wieder in einzelnen Fällen schwerer Menschenrechtsverletzungen und gerade auch in Fällen von Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern wie etwa Igor Kalyapin für die Opfer einzusetzen. Zudem müssen regelmäßige Besuche von OSZE-Delegationen, des Antifolterkomitees des Europarates und der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen erfolgen, um die Isolation der Bevölkerung in Tschetschenien zumindest teilweise aufzubrechen.

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