16.03.2020

Memorandum zu Erdogans Umsiedlungspolitik

Die „Schutzzone“, die keine ist (Pressemitteilung)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) veröffentlicht heute das Memorandum „Darf die „Schutzzone“ Erdogans in Nordsyrien unterstützt werden?“. Vier Jahre nach Zustandekommen des sogenannten „Flüchtlingsdeals“ zwischen der Europäischen Union und der Türkei und zwei Jahre nach Beginn der völkerrechtswidrigen Besatzung des syrisch-kurdischen Afrin betrachtet das Memorandum den Stand und die aktuellen Pläne, die der türkische Präsident in den ehemals kurdischen Gebieten Nordsyriens verfolgt.

„Erdogan möchte in Nordsyrien eine Million syrischer Geflüchteter auch gegen ihren Willen ansiedeln“, erklärt Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der GfbV. „Die türkische Besatzungsarmee und von ihr unterstützte radikalislamistische Milizen haben die kurdische, christliche und yezidische Bevölkerung Nordsyriens systematisch terrorisiert.“ Aus Angst um ihr Leben hätten viele ihre historische Heimat verlassen. Nach Recherchen der GfbV sind etwa 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht. 

„Die Menschenrechtsverletzungen und Angriffe der Türkei waren zu keinem Zeitpunkt Thema im Weltsicherheitsrat oder bei der UN-Generalversammlung“, so Sido. „Und das, obwohl völkerrechtliche Analysen die Angriffe auf die syrisch-kurdische Region Afrin und auf Ras al-Ain als klare Verstöße einstufen.“ Die internationale Staatengemeinschaft müsse gegenüber Kriegsverbrechen der Türkei endlich Farbe bekennen. 

Die GfbV fordert daher:

1. Deutschland, die EU und die USA dürfen die Umsiedlungspolitik des türkischen Präsidenten in Nordsyrien auf keinen Fall unterstützen. 
2. Sie müssen von der Türkei Transparenz bei der Abwicklung der Hilfe für Geflüchtete aus Syrien fordern. Das Geld muss bei den Betroffenen ankommen.
3. Die deutsche Bundesregierung und die EU müssen alle Rüstungsexporte in die Türkei öffentlich machen. 
4. Die internationale Gemeinschaft muss den sofortigen Abzug der türkischen Besatzungsarmee und ein Ende ihrer Unterstützung für radikalislamistische Milizen verlangen. 
5. Eine erfolgreiche Rückführung der kurdischen, yezidischen, christlichen und alevitischen Vertriebenen erfordert internationale zivile Beobachtung und Hilfsleistungen. 
6. In Nordsyrien muss ein Minimum an Menschen- und Minderheitenrechten sowie Frauenrechten gewährleistet werden. Für die konkrete Umsetzung hat die GfbV bereits 2016 Empfehlungen vorgelegt.

Das Memorandum „Darf die „Schutzzone“ Erdogans in Nordsyrien unterstützt werden?“ können Sie hier herunterladen.