30.09.2018

Menschenrechtler fordern Stärkung von politischem Dialog und Freilassung von Inhaftierten in Katalonien

Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien vor einem Jahr (Pressemitteilung)

Rund eine Million Menschen demonstrierten für die Freilassung der Inhaftierten am 11. September, dem Katalanischen Nationalfeiertag. Bild: Joan Campderrós-i-Canas via Flickr CC BY 2.0

Ein Jahr nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dazu aufgerufen, die inhaftierten Befürworter der Unabhängigkeit freizulassen und die wegen des Referendums eingeleiteten Strafverfahren einzustellen, um die Suche nach einer politischen Lösung der Katalonien-Krise zu erleichtern. „Es gibt keine Alternative zum Dialog zwischen der Zentralregierung in Madrid und der Führung in Barcelona. Eine Verurteilung der Unabhängigkeitsbefürworter wegen „Rebellion“ würde die Spannungen erneut schüren“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. Schon heute sei die Lage sehr angespannt, wie die Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizisten an diesem Wochenende zeigten. Spaniens Regierung sieht das Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 als illegal an und hat vor dem ersten Jahrestag der Abstimmung mehr Polizeikräfte nach Katalonien verlegt.

Gegen 25 führende Vertreter der Unabhängigkeitsbewegung wurden Strafermittlungen wegen der Organisation des Referendums und der Unabhängigkeitserklärung vom 27. Oktober 2017 aufgenommen. Dreizehn dieser Beschuldigten wird „Rebellion“ vorgeworfen, ihnen drohen bis zu 25 Jahre Haft, wenn voraussichtlich im Oktober 2018 die Gerichtsverfahren eröffnet werden. Neun dieser dreizehn Beschuldigten befinden sich in Spanien in Untersuchungshaft, vier weitere haben im Ausland Zuflucht gesucht. Rund eine Million Katalanen demonstrierten am 11. September 2018, dem Katalanischen Nationalfeiertag, in Barcelona für die Freilassung der Inhaftierten. 

Am bekanntesten unter den im Ausland lebenden führenden katalanischen Vertretern ist der frühere Regionalpräsident Carles Puigdemont, der nach seiner Inhaftierung in Deutschland nun wieder in Belgien lebt. Spanien hatte auf die zuvor beantragte Abschiebung aus Deutschland verzichtet, nachdem das Oberlandesgericht in Schleswig entschieden hatte, dass er in Spanien nicht wegen „Rebellion“ angeklagt werden darf.       

Die Menschenrechtsorganisation begrüßte, dass es nach dem Machtwechsel in Spanien im Juni 2018 wieder mehr Dialog zwischen Madrid und Barcelona gibt. „Noch liegen die Positionen weit auseinander, doch unter dem neuen sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez gibt es zumindest wieder ernst zu nehmende Gespräche zwischen Madrid und Barcelona. Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Eine Einstellung der Strafverfahren und Freilassung der Inhaftierten könnte den Dialog weiter beflügeln und helfen, die Polarisierung in der Gesellschaft zwischen Gegnern und Befürwortern der Unabhängigkeit zu überwinden“, sagte Delius.

Headerbild: Joan Campderrós-i-Canas via Flickr