26.01.2017

Mordwelle an Kopten verunsichert Christen in Ägypten

Appell: Übergriffe auf Minderheit strikter ahnden (Pressemitteilung)

Kopten beten während der Proteste auf dem Tahrir Platz in Kairo 2011. Sechs Jahre nach Beginn der massiven Proteste gegen den damals regierenden Diktator Hosni Mubarak ist die Lage der Kopten unsicherer denn je. Foto: Sherif9282 via Wikimedia Commons

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert eine konsequentere Ahndung von Übergriffen auf Kopten in Ägypten. „Es darf nicht der fatale Eindruck entstehen, dass Kopten dort als „vogelfrei“ gelten und Angriffe auf die christliche Minderheit nicht nachdrücklich strafrechtlich verfolgt werden“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen.

Ägyptens Christen sind tief verunsichert, weil im Januar 2017 innerhalb von nur zwei Wochen fünf Kopten unter ungeklärten Umständen ermordet wurden. Das fünfte Opfer, der Familienvater Ishak Ibrahim Fayez Younan, war vor wenigen Tagen in seiner Wohnung in Kairo ermordet aufgefunden worden. Ihm wurde - wie den anderen Opfern der mysteriösen Mordserie - die Kehle durchgeschnitten. Der aus Oberägypten stammende Mann arbeitete in einer Fabrik in Kairo und hatte seine im Süden des Landes lebende Ehefrau und seine zwei Kinder noch zum koptischen Weihnachtsfest besucht. Da seine gefüllte Geldbörse nicht gestohlen wurde, gilt ein Raubmord als ausgeschlossen.

Am 6. Januar 2017 war ein Doppelmord an einem koptischen Ehepaar in dem im westlichen Nildelta gelegenen Dorf Tukh El-Dalkah entdeckt worden. Drei Tage zuvor war in der Stadt Alexandria der Kopte Youssef Lamei ermordet worden. Am 13. Januar war der Arzt Bassam Safwat Atta von bislang unbekannten Tätern in seiner Wohnung in Mittelägypten getötet worden.

„Ägyptens Christen haben wenig Vertrauen in die Justiz“, berichtete Delius. „Ihre Vorbehalte sind durchaus berechtigt, da viele Straftaten an Kopten ungesühnt bleiben. Ägyptens Richter geben oft dem Druck islamistischer Gruppen nach, die mit öffentlichen Protesten die Freilassung von angeklagten Muslimen fordern.“ Erst im Januar 2017 hatte die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gegen drei Muslime durch die Staatsanwaltschaft in Mittelägypten Unverständnis ausgelöst. Die Muslime waren beschuldigt worden, einer 70-jährigen Koptin die Kleider vom Leib gerissen und sie nackt durch die Straßen ihres Dorfes getrieben zu haben. Trotz zahlreicher Augenzeugenberichte wurden die Ermittlungen eingestellt. In einer an den Generalstaatsanwalt gerichteten Petition haben 50 ägyptische Rechtsanwälte am 22. Januar 2017 die Wiederaufnahme des Verfahrens gefordert.

„Sechs Jahre nach Beginn der massiven Proteste gegen den damals regierenden Diktator Hosni Mubarak ist die Lage der Kopten unsicherer denn je. Die massive Repression des amtierenden Präsidenten Abdel Fattah Al Sisi gegen alle Andersdenkenden hat dazu geführt, dass die Kopten noch mehr unter Gewalt radikaler Islamisten zu leiden haben“, kritisierte Delius.

Header Foto: © Sherif9282 via Wikimedia Commons