21.04.2017

Nach vier Jahren noch immer kein Lebenszeichen: Gesellschaft für bedrohte Völker erinnert an Schicksal von zwei in Syrien verschleppten Bischöfen

Erzbischof Schick und Ministerpräsident Ramelow fordern Freilassung (Pressemitteilung)

„Das Schicksal der Bischöfe widerspiegelt die aussichtlose Lage der Christen im Nahen Osten“, stellt der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido fest. Foto: GfbV-Archiv

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erinnert an die am 22. April 2013 im Norden Syriens verschleppten Bischöfe. „Nach vier Jahren bangen Wartens gibt es noch immer kein Lebenszeichen von dem Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche, Mor Gregorius Yohanna Ibrahim, und dem Erzbischof der griechisch-orthodoxen Kirche, Boulos Yazigi“, berichtete der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido am Freitag. „Wir geben jedoch die Hoffnung nicht auf, diese beiden christlichen Würdenträger lebend wiederzusehen. Ihr Schicksal macht deutlich, wie bedrohlich die Lage in Syrien für die christliche Minderheit ist.“ Die beiden Bischöfe wollten im Frühjahr 2013 über die Freilassung eines entführten Priesters verhandeln. Auf dem Weg zu einem angeblichen Treffen wurde ihr Wagen im Westen von Aleppo nicht weit von der türkischen Grenze entfernt gestoppt. Ihr Fahrer, ein Diakon, wurde bei dem Überfall erschossen, die Bischöfe verschleppt. Bisher hat sich niemand zu der Tat bekannt.

Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg), rief die Entführer dazu auf, die beiden Bischöfe und einen ebenfalls in Syrien verschleppten Pater freizulassen. Wörtlich lautet sein Statement, um das die GfbV ihn gebeten hatte: „Am heutigen Tag sind es vier Jahre, seitdem meine beiden bischöflichen Mitbrüder Mor Gregorius Yohanna Ibrahim und Boulos Yazigi in Syrien entführt wurden. Ich kenne beide persönlich und denke immer noch täglich an sie. Einmal mehr rufe ich heute die Entführer eindringlich auf, inmitten des sinnlosen Blutvergießens in Syrien ein Zeichen der Mitmenschlichkeit zu setzen und die beiden Bischöfe freizulassen. In meine Gebete für sie schließe ich auch Pater Paolo dall‘Oglio SJ ein, den Begründer des Klosters Deir Mar Musa, der nur wenige Monate nach den Bischöfen entführt worden ist und von dem bis heute ebenfalls jegliches Lebenszeichen fehlt. Alle drei geben in ihrem priesterlichen und bischöflichen Wirken bis hinein in die Gefangenschaft Zeugnis von der Liebe Gottes zu allen Menschen. Weil sie von diesem Glauben zutiefst überzeugt sind, haben sie auch einen Dialog der Freundschaft mit ihren muslimischen Mitmenschen gelebt. Sie verdienen es, nicht als Feinde, sondern als Freunde angesehen und behandelt zu werden. Die Entführung muss an ein Ende kommen, die Gewalt muss aufhören.

Alle Menschen in Syrien haben das Recht, in Frieden und Freiheit zu leben. Deshalb müssen die politisch Verantwortlichen endlich wieder ernsthaft miteinander über die politische Zukunft Syriens reden, statt mit Waffengewalt das Leben unzähliger unschuldiger Menschen zu zerstören. Die Kirchen in Syrien, die Ordensgemeinschaften und caritativen Einrichtungen tun, was sie können, um ihren Beitrag zu Frieden und Versöhnung zu leisten. Sie geben ihr Äußerstes, um Not leidenden Menschen zu helfen, gleich welcher Religion, Konfession oder Ethnie sie angehören. Dabei können sie auch der Unterstützung und Solidarität der Kirche in Deutschland gewiss sein.“

Auch der Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Bodo Ramelow, forderte die sofortige Freilassung der beiden Bischöfe, die 2014 auf Vorschlag der GfbV für ihren Einsatz als Vermittler, Botschafter und Kämpfer für die Menschenrechte in dem anhaltenden Bürgerkrieg in Syrien mit dem Weimarer Menschenrechtspreis ausgezeichnet worden waren. „Im Übrigen gilt, dass alle Konfliktparteien in Syrien und ihre internationalen Schutzmächte aufgerufen sind, alles dafür zu tun, den furchtbaren Bürgerkrieg in Syrien endlich zu beenden und eine politische Lösung zu suchen und zu finden“, heißt es in einem Schreiben Bodo Ramelows an die GfbV.

„Das Schicksal der Bischöfe widerspiegelt die aussichtlose Lage der Christen im Nahen Osten“, stellt der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido fest. „Diese Region droht christenfrei zu werden. Vor hundert Jahren machten Christen dort 20 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Heute sind sie weniger als drei Prozent. Das ist ein Grund mehr, warum Deutschland, Europa, Amerika aber auch Russland dafür sorgen müssen, dass die bestehenden Konflikte friedlich gelöst werden müssen. Ohne ein friedliches Miteinander, staatlich garantierte und gesellschaftlich unterstützte Glaubensfreiheit besteht die Gefahr, dass die 2.000-jährige christliche Geschichte im Nahen Osten für immer zu Ende geht.“

Da deutsche, türkische und internationale Medien immer wieder berichten, dass die türkische Regierung großen Einfluss auf die in Nordsyrien operierenden islamistischen Gruppen hat, fordert die GfbV auch vom türkischen Präsidenten, bei der Aufklärung des Schicksals der beiden Bischöfe zu helfen. 

Header Foto: GfbV-Archiv