16.12.2021

Olympische Winterspiele in China

Offener Brief an Frau Bundesaußenministerin

Sehr geehrte Frau Bundesaußenministerin,

wir wenden uns heute an Sie mit der Bitte, sich für einen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking einzusetzen. Die chinesische Regierung wird mit der Austragung der Spiele versuchen, die verheerende Menschenrechtslage im eigenen Land zu verdecken und der Welt ein Bild von den Verhältnissen in der Volksrepublik China zu präsentieren, das nicht der Realität entspricht. Seit den Sommerspielen 2008 hat sich zudem nicht nur die Menschenrechtslage dramatisch verschlechtert, sondern ist auch die freie Berichterstattung über die Spiele und die Situation in China praktisch ausgeschlossen. Wir sind in Sorge über die zunehmend aggressive Haltung der chinesischen Behörden gegenüber unabhängigen Journalist*innen, die systematisch überwacht werden und jederzeit mit Repressionen rechne müssen.

Neben dem Ihnen bekannten Vorgehen der chinesischen Regierung in Tibet, Xinjiang/Ostturkestan, der Südlichen Mongolei und in Hongkong kommt aus unserer Sicht erschwerend hinzu, dass das Internationale Olympische Komitee, angeführt von Thomas Bach, es ablehnt, zum Völkermord an Uigur*innen und der aggressiven Assimilationspolitik in Tibet Stellung zu beziehen. Noch schlimmer: Das IOC erweckt den Anschein, als seien die systematischen Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung nicht belegt und bewiesen, obwohl Aussagen von UN-Expert*innen, Medien, NGOs und Überlebenden diese seit vielen Jahren belegen. Stattdessen lobt das IOC die Vorbereitung der Winterspiele durch die chinesische Regierung. Aus diesen Gründen appellieren wir dringend an Sie, mit einem möglichst hohen Maß an Koordination innerhalb der EU, aber wenn nötig auch alleine dafür zu sorgen, dass keine deutschen und europäischen Diplomat*innen und Regierungsvertreter*innen die Spiele besuchen.

Wir haben die Passagen im Koalitionsvertrag zur Kenntnis genommen, die eine deutlich kritischere Haltung Deutschlands gegenüber der totalitären Regierung in Peking zeigen. Wir sind der festen Überzeugung, dass Regierungsvertreter*innen nicht bei einer Propagandainszenierung der Kommunistischen Partei und des IOC mitwirken dürfen. Der diplomatische Boykott sollte öffentlich mit den Menschenrechtsverletzungen in China begründet werden. Eine entsprechende Entscheidung der Bundesregierung und gegebenenfalls der Europäischen Union würde die Aussagen bekräftigen, die im Koalitionsvertrag in Bezug auf China getroffen wurden.


Sie finden den Brief hier.