12.02.2019

Prozess gegen katalonische Politiker beginnt in Madrid

Kriminalisierung erschwert Lösung der Katalonien-Krise –Freilassung von Politikern gefordert (Pressemitteilung)

Der Menschenrechtler warnte: „Jeder Tag dieses Prozesses wird die Risse in der spanischen und katalonischen Gesellschaft vertiefen. Die Kriminalisierung der Angeklagten wird die Lösung des Katalonien-Konflikts nur erschweren.“ Bild: Ramon Oromi via Flickr CC BY 2.0.

Zum Prozessauftakt gegen zwölf führende katalonische Politiker vor dem Obersten Gericht in Madrid hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag die Freilassung der Angeklagten gefordert. „Die Politiker saßen bereits mehr als ein Jahr in Untersuchungshaft. Der Prozess dokumentiert das Versagen Spaniens und Europas bei der Lösung von Konflikten im eigenen Haus“, kritisierte der GfbV-Direktor Ulrich Delius in Göttingen. Der Menschenrechtler warnte: „Jeder Tag dieses Prozesses wird die Risse in der spanischen und katalonischen Gesellschaft vertiefen. Die Kriminalisierung der Angeklagten wird die Lösung des Katalonien-Konflikts nur erschweren.“ Die zwölf Politiker müssen sich von heute an vor Gericht für die Organisation eines Referendums über die Unabhängigkeit Kataloniens verantworten. Der Mammut-Prozess soll mehrere Monate dauern.

Neun der Politiker drohen bis zu 25 Jahre Haft. Denn sie sind auch der „Rebellion“ angeklagt. „Dieser Vorwurf setzt den Einsatz von Gewalt bei der Volksabstimmung über die Zukunft Kataloniens im Herbst 2017 voraus und wird kaum mit dem Ablauf des Referendums zu begründen sein“, sagte Delius. 

Für Spaniens sozialistischen Regierungschef Pedro Sanchez komme der von vielen Konservativen mit Spannung erwartete Prozess zur Unzeit, da er die ohnehin sehr schwierigen Verhandlungen mit Kataloniens Politikern erschweren werde, sagte Delius. Die Massendemonstration für die Einheit des Landes am vergangenen Wochenende, zu der mehrere konservative Parteien aufgerufen hatten, habe deutlich gemacht, wie tief die Kluft in der spanischen Gesellschaft ist. Die Katalonien-Krise dürfe nicht wieder für Parteipolitik missbraucht werden. Nicht nur Spaniens Zukunft stehe auf dem Spiel, sondern auch Europas Umgang mit Minderheiten und Nationalitäten.

Auch in Katalonien werde der Prozess neue Risse in der Gesellschaft hervorrufen, nicht nur zwischen Befürwortern und Gegnern einer staatlichen Unabhängigkeit. Denn auch im Lager der Unabhängigkeitsbefürworter gebe es Streit über ihre gemeinsame Strategie, ihr Ziel zu erreichen. „Wenn in diesem Lager die Risse immer tiefer werden, wird es schwierig, eine friedliche Lösung der Konflikte zu erreichen“, warnte Delius. 

Headerfoto:Ramon Oromi via Flickr