04.02.2011

Pulverfass Sinai: Ägyptens Beduinen fordern Rechte

Ägypten: Nach dem Anschlag auf eine Gaspipeline

Nach dem Anschlag auf eine Erdgaspipeline hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Montag vor mehr Gewalt auf der Sinai-Halbinsel in Ägypten gewarnt. "Der Sinai gleicht einem Pulverfass, da das Mubarak-Regime den dort lebenden Beduinen grundlegende Rechte vorenthalten hat", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen. "Mit Polizeiwillkür, Massenverhaftungen und unfairen Gerichtsverfahren sollten die Beduinen eingeschüchtert und ruhig gestellt werden. Dieser Versuch ist offensichtlich gescheitert." Nicht nur in Kairo, sondern auch auf dem Sinai hatte es in den vergangenen Tagen viele Demonstrationen gegen das Mubarak-Regime gegeben. Dem Sinai droht mehr Instabilität und dies wird auch im Nachbarland Israel mit großer Sorge verfolgt.

Der Erdgasexport nach Israel und Jordanien musste nach der Explosion der Pipeline eingestellt werden. Noch ist unklar, wer für den Anschlag verantwortlich ist. "Es gibt viele Gruppen in Ägypten, die ein Interesse an einer Unterbrechung der umstrittenen Gaslieferungen nach Israel haben", sagte Delius. Bereits im Juni 2010 hatten ägyptische Beduinen aus Protest gegen die Missachtung ihrer Rechte einen Anschlag auf die Pipeline verübt, der zwar nur wenig Schaden anrichtete. Die Behörden antworteten jedoch mit einer Welle der Verfolgung und ließen hunderte Beduinen verhaften.

Damals saßen bereits mehr als 3.000 Beduinen nach unfairen Gerichtsverhandlungen willkürlich in Haft. Sie sind Opfer einer Verhaftungswelle, die 2004 bis 2006 aufgrund von drei Terroranschlägen auf das Nachbarland Israel durchgeführt wurde. Den meisten Verhafteten wird keine Verwicklung in terroristische Anschläge vorgeworfen. Vielmehr werden sie pauschal der "Gefährdung der Staatssicherheit" verdächtigt, weil sie zu öffentlichen Protesten gegen die Polizeiwillkür und gegen die Marginalisierung der Beduinen aufgerufen haben. Andere werden beschuldigt, in den Schmuggel von Menschen und Gütern nach Israel und in den Gaza-Streifen verwickelt zu sein.

"Sicherlich sind einzelne Beduinen am Schmuggel beteiligt, da vor allem im Norden des Sinai mehr als 80 Prozent der Ureinwohner arbeitslos sind", berichtete Delius. "Es ist aber diskriminierend, eine gesamte Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht zu stellen und als Verbrecher zu behandeln." Die Beduinen fordern die Freilassung der Verhafteten, einen Stopp der Polizeiwillkür und eine Bestrafung von Polizisten, die systematisch ägyptisches Recht missachten. Außerdem verlangen sie die Anerkennung ihrer Landrechte und mehr wirtschaftliche Förderung des Sinai. Der Ausbau des Tourismus hat nur wenigen Beduinen geholfen. Viele Ureinwohner wurden durch neue Hotelbauten dauerhaft von ihrem Land verdrängt. Die fast 600.000 Beduinen des Sinai leben größtenteils noch immer als Nomaden und verteilen sich auf zwölf Clans.