25.09.2012

Russland soll Tscherkessen aus Syrien aufnehmen!

Mahnwache vor russischer Botschaft in Berlin

© GfbV Berlin

Russland soll seine Grenzen für tscherkessische Flüchtlinge aus Syrien öffnen! Diese Forderung haben Vertreter der tscherkessischen Diaspora in Deutschland und die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Sonntag mit einer Mahnwache vor der russischen Botschaft in Berlin unterstrichen. „Der Krieg in Syrien ist eine furchtbare Bedrohung für die schutzlosen tscherkessischen Familien. Die russische Regierung darf diesen verzweifelten Menschen nicht länger den Fluchtweg in ihre historische Heimat im Nordkaukasus versperren“, erklärte die GUS-Referentin der GfbV, Sarah Reinke.

In Syrien leben etwa 100.000 Tscherkessen, vor allem in den großen Städten Damaskus, Aleppo und Homs. Dort gibt es für Zivilisten kaum Sicherheit. Aber auch viele tscherkessische Dörfer wurden bereits zerstört. „Russland ist den Tscherkessen im Nahen Osten besonders verpflichtet, denn ihre Vorfahren wurden von der zaristischen Armee 1864 kollektiv aus dem Nordkaukasus vertrieben“, betonte Reinke. „Es wäre das mindeste, jetzt den Nachkommen der überlebenden Opfer dieses Verbrechens eine helfende Hand zu reichen und sie im Nordkaukasus aufzunehmen, zumal ihnen die Bevölkerung dort so positiv gegenüber steht.“

Seit Dezember 2011 haben Tscherkessen aus Syrien insgesamt sieben Briefe mit über tausend Unterschriften an den russischen Präsidenten und an die Präsidenten der nordkaukasischen Republiken geschrieben und um Aufnahme gebeten. Doch diese Hilferufe wurden ignoriert. Tausende Tscherkessen haben seit Juli 2012 erfolglos versucht, in der russischen Botschaft in Damaskus ein Visum zu erhalten. Die jährliche Quote für Tscherkessen von 450 Anträgen sei erreicht, gab die Botschaft bekannt. Auch der Fluchtweg in die Türkei oder Jordanien ist versperrt: Die Grenzen sind geschlossen. So sitzen die Tscherkessen im Kampfgebiet fest. Ihnen droht auch von Seiten der Rebellen Gefahr: Weil einzelne Tscherkessen das Assad-Regime unterstützen, könnten die Volksgruppe Opfer von Vergeltungsmaßnahmen durch die heutige Opposition werden. Schon heute berichten einzelne Familien von Drohungen durch Oppositionskämpfer.

In den ersten Kriegsmonaten flüchteten mehr als 300 Tscherkessen aus Syrien nach Kabardino-Balkarien und zirka 200 Menschen nach Adygeya. Der Staat unterstützt die nordkaukasischen Republiken zwar bisher nicht bei der Versorgung der Flüchtlinge. Doch die Bevölkerung hilft: 150 Personen kamen unentgeltlich in einem Hotel unter. Die Internationale Tscherkessische Assoziation bezahlt Unterkünfte in Maikop und gibt bedürftigen Familien Geld. Es werden kostenfreie Russischkurse angeboten und etwa 50 Kinder gehen seit dem ersten September 2012 in die Schule. Rund 100 Studenten aus Syrien erhalten Stipendien in Naltschik.