22.04.2012

Trotz Handel kein demokratischer Wandel – Industrie soll sich für Menschenrechte in China engagieren

Proteste gegen China als Gastland der Industriemesse in Hannover

© Daniel Matt/GfbV

Zur Eröffnung der Industriemesse in Hannover hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mit einer Protestaktion auf die katastrophale Menschenrechtslage in China aufmerksam gemacht. „Seit mehr als einem Jahrzehnt erklärt uns die deutsche Industrie, dass mit dem Handel auch der demokratische Wandel in China komme“, sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Sonntag in Hannover. „Doch der Wandel blieb aus und nun droht auch noch ein schwarzes Jahr der Menschenrechte in China.“ Die GfbV appellierte daher an die deutsche Wirtschaft, in China Menschenrechte gezielt zu fördern. Ausdrücklich wandte sich die Menschenrechtsorganisation mit ihrem Appell an den Autokonzern VW in Wolfsburg: „VW kann nun mit gutem Beispiel vorangehen und bei seinem neuen Werk in Urumtschi gezielt bislang im Arbeitsleben benachteiligte Uiguren einstellen!“. 

Am Montag wird der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Wolfsburg fahren besuchen und mit VW einen Vertrag über den Bau eines neuen Werkes in der Uigurenregion Ostturkestan / Xinjiang unterzeichnen. Insgesamt will VW bis 2016 rund 14 Milliarden Euro in China investieren. „Wir erwarten, dass dies auch den Uiguren zu Gute kommt. Denn nur wenn sich ihre Lebensbedingungen spürbar verbessern, ihre Kultur wirksam geschützt und ihnen mehr Selbstverwaltung eingeräumt wird, wird die Konfliktregion zur Ruhe kommen.“ VW hat sich in seinen konzerneigenen Verhaltensgrundsätzen dazu verpflichtet, soziale Grundsätze zu verwirklichen und die Chancengleichheit zu verbessern. Uiguren beklagen seit Jahren, dass sie gegenüber eingewanderten Han-Chinesen bei der Vergabe von Arbeitsplätzen systematisch benachteiligt werden.

Angesichts wachsender Nervosität in der Führung der Kommunistischen Partei und anhaltender Proteste der Bevölkerung gegen Behördenwillkür wird sich die Menschenrechtslage in China im Jahr 2012 weiter verschlechtern, befürchtet die GfbV. So werde die Internetzensur weiter verschärft. Menschenrechtsanwälte würden systematisch eingeschüchtert, mit dem Entzug ihrer Zulassungen bedroht und so mundtot gemacht. Auch die Glaubensfreiheit von Buddhisten, Christen, Muslimen und der Meditationsbewegung Falun Gong wird nach Angaben der GfbV gezielt verletzt. Besonders massiv verfolgt werden jedoch Uiguren, Tibeter und Mongolen. Um neue Proteste zu verhindern, werden in Tibet ganze Regionen de facto unter Kriegsrecht gestellt. Mit Razzien, willkürlichen Verhaftungen und langjährigen Haftstrafen wird versucht, die Bevölkerung ruhig zu stellen. Die Uiguren im benachbarten Ostturkestan erleben diese Welle der Repression schon seit Jahren.