10.11.2020

Umstrittenes Vorhaben der Welthungerhilfe

Keine Häuser für islamistische Besatzungstruppen (Pressemitteilung)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) schließt sich dem Protest dutzender Menschenrechtsorganisationen und Medienbetriebe an, die sich gegen ein Vorhaben der Deutschen Welthungerhilfe e.V. aussprechen. Die humanitäre Organisation plant laut einer Ausschreibung ihrer Niederlassung in der türkischen Stadt Gaziantep, 400 Häuser in der syrisch-kurdischen Region Afrin zu restaurieren. Diese Häuser gehören vertriebenen kurdischen Familien und beherbergen nun islamistische Milizionäre und deren Familien. Sie hatten gemeinsam mit der türkischen Armee die ursprüngliche Bevölkerung vertrieben und sich deren Wohnstätten angeeignet. „Diese Häuser zu renovieren würde die Besatzung verstetigen und Erdogans Pläne unterstützen, die Bevölkerung Afrins zu türkisieren und zu islamisieren“, kritisiert Lina Stotz, GfbV-Referentin für ethnische und religiöse Minderheiten. „Die Ansiedlung der Milizionäre und ihrer Familien in den Häusern der kurdischen, christlichen und yezidischen Vertriebenen bedeutet eine völkerrechtswidrige Veränderung der Demografie der Region. Wir fordern die Welthungerhilfe daher auf, das Vorhaben umgehend zu stoppen.“ Die Besatzung Nordsyriens durch die Türkei dürfe nicht finanziell unterstützt oder belohnt werden. Stattdessen solle sich die Organisation auf das Verteilen von Hilfsgütern konzentrieren. 

Die nordsyrische Provinz Afrin ist seit März 2018 völkerrechtswidrig von der Türkei besetzt. Die Besatzungstruppen haben die kurdische, christliche und yezidische Bevölkerung Afrins wiederholt und systematisch eingeschüchtert. Große Teile der Bevölkerung wurden vertrieben. Die GfbV hat wiederholt vor Erdogans Umsiedlungsplänen in der Region gewarnt. Am 5. November wendete sich die GfbV zusammen mit 24 weiteren Organisationen an die Welthungerhilfe mit dem Gesuch, die Renovierung kurdischer Häuser in Afrin zugunsten der Milizionäre zu unterlassen. Zu den unterzeichnenden Organisationen zählen auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und zahlreiche kurdische Organisationen.

Das humanitäre Völkerrecht verbietet An- und Umsiedlungen, die zum Ziel haben, demografische Strukturen in besetztem Gebiet zu verändern. Jegliche Bestrebungen, türkische oder syrische Milizionäre beziehungsweise ihre Familien in Afrin anzusiedeln, seien darum zu verurteilen.