30.06.2022

UN-Expertenmechanismus für indigene Völker

Russische Indigene berichten über schwierige Lage

Gemeinsam mit der Exil-Organisation International Committee of Indigenous Peoples of Russia (ICIPR) führt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am 4. und 5. Juli in Genf zwei Veranstaltungen durch: Ins Exil geflüchtete Indigene sprechen bei digitalen Side-Events im Rahmen des UN-Expertenmechanismus für indigene Völker über die katastrophale Lage, in der sich ihre Gemeinschaften seit dem russischen Angriff auf die Ukraine befinden.

Seit Kriegsbeginn unterdrückt das russische Regime Kritik härter denn je. Davon sind marginalisierte Gruppen wie Indigene schwer betroffen: „Aktivismus vor Ort ist derzeit lebensgefährlich, daher bleibt für viele nur das Exil. Viele verlassen das Land und versuchen im Ausland eine laute Stimme gegen den Kreml zu werden“, berichtet Regina Sonk, GfbV-Referentin für indigene Völker. „Viele bleiben jedoch im Land und müssen ihre Arbeit leise fortführen, Netzwerke im Stillen aufrechterhalten. Die Dynamik der letzten drei Monate macht Gefahren für die politisch Aktiven unkalkulierbar.“ Hinzu komme, dass auch Indigene zum Kriegseinsatz eingezogen werden, mitunter aus weit entfernten Regionen. Dort kämpfen sie dann für ein Russland, das ihre eigenen indigenen Rechte massiv unterdrückt – und in der Ukraine indigene Territorien der krimtatarischen Bevölkerung besetzt.

Der UN-Expertenmechanismus für indigene Völker ist innerhalb der Vereinten Nationen eine Institution, die sich mit Indigenen und ihren Rechten beschäftigt. Die jährlichen Sitzungen in Genf bieten aktivistischen Indigenen eine wichtige Plattform. Zu diesen Online-Side-Events in englischer und russischer Sprache  sind Interessierte herzlich eingeladen:

Montag, 4. Juli 2022, 13:00 Uhr bis 14:30 Uhr:

The influence of the aggression of the Russian Federation in Ukraine on indigenous peoples / Die Situation von Indigenen während des Ukraine-Krieges

Bereits seit der der russischen Invasion der Krim 2014 sind indigene Territorien in der Ukraine besetzt. Seit dem russischen Angriff am 24. Februar sind auch indigene Gemeinschaften dem schrecklichen Kriegsgeschehen ausgesetzt: In der Ukraine sterben Angehörige indigener Gemeinschaften im Krieg. Gleichzeitig fallen auf der russischen Seite überdurchschnittlich viele indigene Soldaten, die sich aus Armut, Not und Druck durch die Regierung der Armee angeschlossen haben.

Registrierung unter: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_d1PVpB30QDOlFXs3eDsMXw

 

Dienstag, 5. Juli 2022, 13:00 Uhr bis 14:30 Uhr:

The challenges of the implementation of the Free, Prior and Informed Consent in the Russian Federation / Während sich Russland im Krieg befindet, erodieren die Indigenenrechte

Angesichts der russischen Repression während des Ukraine-Kriegs ist es nun lebensgefährlich geworden, sich bei Wirtschaftsprojekten für indigene Mitsprache und Umweltschutz einzusetzen. Am Podium berichten indigene Vertreter*innen von ihrem Einsatz für Selbstbestimmungsrechte gegenüber Firmen.

Registrierung unter: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_JGWNCKClR5qSk125wYSmBA

 

Folgende drei Aktivist*innen werden in Genf persönlich vor Ort sein. Sie gehören zu den Gründungsmitgliedern der neuen Exil-Organisation «International Committee of Indigenous Peoples of Russia» (ICIPR). Interviewanfragen leiten wir gerne weiter:

Dmitry Berezhkov stammt aus Kamtschatka. Er ist Itelmene und setzt sich seit über 20 Jahren für die Rechte der Indigenen in Russland ein. 2013 beantragte er Asyl in Norwegen.

Yana Tannagasheva ist Angehörige der Schoren und stammt aus der Region Kemerovo – die Hochburg des Kohleabbaus in Russland. Jahrelang war sie eine der erbittertsten Verteidigerinnen ihres Dorfes, das durch eine Kohlemine bedroht war. Massive Drohungen gegen sie und ihre Familie zwangen sie 2018, ihr Land zu verlassen und in Schweden Asyl zu beantragen.

Tjan Zaotschnaja ist ebenfalls Itelmenin aus Kamtschatka. Sie engagagierte sich für Menschenrechte in der ehemaligen Sowjetunion, bis sie 1980 vom Staat ausgewiesen wurde. Seither lebt sie in Deutschland und setzt sich ehrenamtlich bei der GfbV Deutschland für die Rechte der Indigenen in Russland ein.