Pressemitteilung

25.01.2022

Angriff auf Gefängnis in Syrien

Wiedererstarken des IS war nur eine Frage der Zeit

Vor dem Hintergrund der verheerenden Angriffe des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) auf die von der kurdischen und anderen Minderheiten geführte Nordsyrische Autonome Selbstverwaltung (NAS) fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die deutsche Bundesregierung erneut auf, ihre Haltung zur Lage dort zu überdenken. „Es ist ein Skandal, dass Deutschland weiterhin Erdogans Krieg gegen Minderheiten unterstützt, während diese vom IS angegriffen werden“, kritisiert GfbV-Nahostexperte Dr. Kamal Sido am heutigen Montag in Göttingen. „Uns liegen Berichte vor, dass das türkische Militär Einheiten der Syrischen Demokratischen Kräfte angegriffen hat, während diese unterwegs nach Hasaka waren, um die IS-Revolte im dortigen Gefängnis zu beenden.“ Das NATO-Mitglied Türkei habe die Verteidigungstruppen Ende vergangener Woche mit Raketenwerfern, Artillerie, Luftschlägen und Kampfdrohnen angegriffen. In Hasaka haben dutzende IS-Kämpfer versucht, ein Gefängnis zu stürmen. Unter starken Verlusten sei es den Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) mit Unterstützung durch US-Truppen am Sonnabend gelungen, die IS-Revolte niederzuschlagen.

Auch heute Morgen sei es nahe des Gefängnisses zu Kämpfen mit dem IS gekommen. In Hasaka und einigen anderen Orten verhängten die SDF eine Ausgangssperre und riefen die Bevölkerung zur Vorsicht auf. IS-Mitglieder sollen sich unter der Zivilbevölkerung versteckt halten. „Die Tausenden IS-Gefangenen in Nordsyrien bergen weiterhin eine tödliche Gefahr für die Bevölkerung in der Region“, so Sido. „Europa hätte die NAS im Umgang mit ihnen unterstützen, die IS-Mitglieder in ihre Heimatländer zurückholen und dort vor Gericht stellen müssen. Stattdessen blockierte die alte Bundesregierung aus Rücksicht auf die Türkei und aus Angst vor Erdogan jegliche Unterstützung für die NAS.“ Selbst humanitäre Hilfe verhindere Berlin bisher. „Ein Wiedererstarken des IS war unter diesen Umständen immer nur eine Frage der Zeit. Die wenigen noch verbliebenen Angehörigen ethnischer und religiöser Minderheiten in Nordsyrien und im benachbarten irakischen Sinjar werden die Region bald für immer verlassen müssen“, befürchtet Sido.

Die neue Bundesregierung müsse nun ein neues Kapitel in der Kurden- und Türkei-Politik aufschlagen und den NATO-Partner dazu bewegen, seine völkerrechtswidrigen Angriffe und Unterstützung für Islamisten einzustellen.

Bei den Zusammenstößen der letzten Tage starben nach Informationen der GfbV mindestens 77 IS-Kämpfer, 39 SDF-Mitglieder und sieben Angehörige der Zivilbevölkerung.