Pressemitteilung

21.09.2017

"Armutszeugnis“: Europäische Union spricht in der Rohingya-Krise nicht mit einer Stimme

Glaubwürdigkeit wird verspielt (Pressemitteilung)

Es ist ein Armutszeugnis europäischer Außenpolitik, dass man nicht dazu in der Lage ist, auf schwere Menschenverletzungen und die Massenflucht von 421.000 Rohingya mit einer einheitlichen Position zu reagieren. Foto: GfbV

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Europäischen Union (EU) vorgeworfen, in der Rohingya-Krise in Burma/Myanmar nicht mit einer Stimme zu sprechen. „Es ist ein Armutszeugnis europäischer Außenpolitik, dass man nicht dazu in der Lage ist, auf schwere Menschenverletzungen und die Massenflucht von 421.000 Rohingya mit einer einheitlichen Position zu reagieren. So verspielt die EU ihre Glaubwürdigkeit in Menschenrechtsfragen und ihren politischen Einfluss in der Region“, kritisierte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. „Von einer gemeinsamen Außenpolitik der EU gegenüber Burma kann keine Rede sein, weil offensichtlich die nationalen Interessen und Einschätzungen zu unterschiedlich sind.“

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hatte am Mittwochabend aufhorchen lassen, als er von einem „Völkermord“ an Rohingya und „ethnischen Säuberungen“ sprach. Großbritannien kündigte hingegen erst diese Woche nach massiven Protesten im eigenen Land ihre Militärhilfe an Burma auf. Äußerst zurückhaltend mit Kritik sind auch die EU-Außenministerin Federica Mogherini und Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel. Sie rufen nur alle Konfliktparteien zur Zurückhaltung und Burmas Regierung zur Umsetzung der halbherzigen Empfehlungen auf, die die von dem ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan geleitete Kommission zur Stabilisierung des Rakhine Staates gegeben hat. Auf Druck von Burmas Regierung vermeiden Mogherini und Gabriel, den Namen „Rohingya“ in ihren Erklärungen überhaupt zu erwähnen.

Deutschland und Österreich hatten sich im April 2017 dazu entschlossen, Armee-Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing einzuladen, um intensivere Gesprächskontakte mit den Militärs zu knüpfen. Dass die Armee Burmas im November und Dezember 2016 schwere Menschenrechtsverletzungen an unbewaffneten Rohingya-Dorfbewohnern begangen hatte, spielte für sie offenbar kaum eine Rolle. Hlaing wurde in Berlin mit militärischen Ehren empfangen und hofiert, obwohl schon damals offensichtlich war, dass die Militärs den Rohingya-Konflikt instrumentalisieren, um die weitere Demokratisierung Burmas zu verhindern.

Eine viel kritischere Position vertritt das Europaparlament, das in einer Resolution am 14. September 2017 die Diskriminierung und Verfolgung der Rohingya-Minderheit in Burma scharf verurteilte.